Die Regeneration ist vorbei. Bundestrainer Löw gibt wieder höchste Konzentration vor. Denn gegen Griechenland ist ein Ausscheiden undenkbar.

Danzig. Schluss mit Freizeit und Frauenprogramm. Im Regen pfiff Joachim Löw in Danzig die heiße K.o.-Phase für die deutsche Fußball-Nationalelf an. Zwei Tage vor dem nächsten TV-Quotenhit des DFB-Teams gegen Griechenland hetzte der Bundestrainer seine EM-Spieler wieder über den Trainingsplatz. „Jetzt geht es schon in die Endphase der Vorbereitung“, erklärte Löw mit Blick auf die kurze Zeit bis zum Europameisterschafts-Viertelfinale an diesem Freitag (20.45 Uhr/ZDF) gegen den Sensationschampion von 2004.

„Wir müssen hochkonzentriert sein und dürfen nicht schon einen Schritt weiterdenken. Das ist die große Gefahr“, betonte am Mittwoch Mittelfeld-Antreiber Sami Khedira. Die erste längere Freizeit während des Turniers hatten die deutschen Stars mit Ausflügen in die Danziger Altstadt und in den Ostsee-Urlaubsort Sopot genutzt, „um mal abzuschalten und den Kopf frei zu bekommen“, wie Khedira berichtete.

Der Wahl-Madrilene besichtigte mit seinem Vereinskollegen Mesut Özil die Mole in Sopot. Die Bayern Mario Gomez und Bastian Schweinsteiger genossen mit ihren Freundinnen die Danziger Altstadt. „Jetzt wird die Anspannung wieder hochgefahren“, berichtete Khedira aus dem DFB-Camp. Ex-Teamchef Franz Beckenbauer sieht die Griechen „im Aufwind, denn niemand hat ihnen das Viertelfinale zugetraut“.

Der finale Weg Richtung Kiew ist für das Löw-Team klar abgesteckt. Erst wollen die selbst ernannten Titelanwärter mit Intelligenz und einer Überfall-Taktik das griechische Bollwerk knacken. Dann lockt im Halbfinale ein Fußball-Klassiker – gegen England oder Italien. Nach dem Durchmarsch durch die Gruppenphase gaben sich die Titelanwärter selbstbewusst. „Uns in die Knie zwingen, das werden die Griechen definitiv nicht schaffen“, erklärte Khedira.

Der entspannt wirkende Bundestrainer will gegen den Überraschungs-Viertelfinalisten seine bisherige Taktik verfeinern und möglicherweise die Hellenen mit personellen und taktischen Kniffen überrumpeln. „Ich scheue mich nicht davor, weitere Entscheidungen zu treffen und zu verändern, weil wir gute Spieler in der Hinterhand haben“, erklärte Löw vor dem ersten K.o.-Spiel.

Bisher lag der Chef der deutschen Titelmission mit seinem Personal- und Taktik-Puzzle goldrichtig. Die Mischung aus schnellem Offensivfußball und konsequenter Arbeit nach hinten in allen Mannschaftteilen will der akribisch planende Bundestrainer nicht ändern, „damit man gewappnet ist und nicht im Hurra-Stil nach vorne läuft“. Denn genau darauf wartet der Gegner.

Löw hat mit einzelnen Spielern schon über die beste Taktik gegen die Griechen gesprochen. Khedira verriet eine zentrale Forderung des Cheftrainers: „Mannschaftstaktisch müssen wir cleverer und intelligenter spielen, um besseren Zugriff auf den Gegner zu bekommen.“ Wenn dies nicht gelingen würde, könnte das in der Turnier-Endphase zu einer „großen Gefahr“ werden, fürchtet Khedira.

„Wir können uns noch steigern gegen defensiv eingestellte Gegner. Nicht der Pass bestimmt den Laufweg, sondern der Laufweg bestimmt den Pass“, bemerkte Löw, der selbst als Bundestrainer noch nie gegen die Griechen gespielt hat. Überhaupt ist die DFB-Elf in ihrer 104 Jahre alten Länderspiel-Geschichte erst achtmal auf Griechenland getroffen: Fünf Partien wurden gewonnen; eine Niederlage gab es noch nicht.

Das soll auch so bleiben: „Wir haben einen Erfolgsgedanken im Team, darin kommt Ausscheiden nicht vor“, betonte Müller, der nach dem Gewinn der WM-Torjägerkrone bei dieser EM noch ohne Tor ist. Für Beckenbauer steht fest: „Die Mannschaft lässt sich das nicht nehmen, sie ist in einer guten Verfassung und noch steigerungsfähig.“

„Killerinstinkt entwickeln“ und „intelligenter Laufen“ sieht Khedira als entscheidende Punkte, um den von Fans und Spielern zugleich erwarteten Halbfinaleinzug sicherzustellen. Geduld und Bewegung bezeichnete der 25-Jährige zudem als probates Mittel, um den Abwehrblock der Griechen knacken zu können: „Wenn man statisch steht, wird es sehr schwierig. Wir haben sehr gute Lösungen und müssen sie nur noch umsetzen.“ Die Mannschaft habe sich seit der WM 2010 deutlich weiterentwickelt: „Wir spielen ruhiger und viel cleverer, gehen nicht mehr so leichtsinnig mit unserem Spiel um.“

Löw setzt zudem auf den möglichen Heimvorteil in Danzig, wo das deutsche Team während des Turniers wohnt. „Wir haben uns bisher wahnsinnig wohlgefühlt hier“, lobte er die polnischen Gastgeber. Müller schickte einen Gruß in die Heimat und bedankte sich für die große Fan-Unterstützung und den angekündigten Stadionbesuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Mit den deutschen Medien dagegen ging er hart ins Gericht. Vieles werde zu kritisch gesehen, monierte der Bayern-Profi. „Im Moment kommt es mir so vor, dass wir, selbst wenn wir den EM-Titel holen sollten, uns dafür noch schämen müssen.“ (dpa/abendblatt.de)

Voraussichtliche Aufstellung: Neuer – Boateng, Hummels, Badstuber, Lahm – Khedira, Schweinsteiger - Müller, Özil, Podolski – Gomez