Mesut Özil hat sich die Gruppenphase der EM sicher ganz anders vorgestellt. Der Star von Real Madrid verbreitet bisher wenig Glanz. Löw macht sogar die Mitspieler dafür verantwortlich, dass Özil noch nicht wie gewohnt glänzte.

Danzig/Lwiw. Weltstars sehen anders aus. Sie haben den Kopf oben, sie strahlen Souveränität aus, sie demonstrieren Entschlossenheit. Als Mesut Özil mit hängenden Schultern und noch traurigeren Augen als ohnehin schon vom Feld schlich, war davon wenig zu sehen. Der 23-Jährige sah so aus, als benötigte er Trost. Das spürte wohl auch Lukas Podolski und gab ihm beim Gang in die Kabine einen aufmunternden Klaps auf die Schulter. Doch mehr als ein kurzes Lächeln kam nicht zurück.

Es hätte Özils Bühne werden sollen. Bei der EM wollte der „Zauberer“ alle seine Tricks zeigen, endgültig den Beweis antreten, bereits ein ganz Großer des Weltfußballs zu sein. Doch in der Gruppenphase ist es dem gebürtigen Gelsenkirchener in Diensten von Real Madrid nicht gelungen, diesen Nachweis zu erbringen. Der „königliche“ Star versprühte wenig Glanz, ihm fehlte die Leichtigkeit des Seins.

Özil war sicherlich bemüht, er lief viel, er bot sich immer wieder an - doch großartige Impulse konnte er dem deutschen Spiel bisher nicht geben. Es steht noch kein „Assist“ zu Buche, auch beim 2:1 gegen Dänemark kamen nur 65 Prozent seiner 68 Pässe an. Das war der viertschlechteste Wert aller 14 eingesetzten deutschen Spieler.

Doch noch ist Bundestrainer Joachim Löw weit davon entfernt, seinen Spielmacher, der an guten Tagen mit seinen genialen Ideen und seinen Zauberpässen Spiele im Alleingang entscheiden kann, infrage zu stellen. „Die große Explosion Özils kommt noch. Bei der WM 2010 war das auch nach der Vorrunde“, sagte Löw zum Spielmacher noch ein Stück von seiner Bestform entfernt scheint. Löw wies darauf hin, dass Özil bei der WM in Südafrika 2010 im Achtelfinale gegen England (4:1) und im Viertelfinale gegen Argentinien (4:0) „überragend gut“ gewesen sei. „Ich spüre, dass das jetzt auch eintritt“, sagte Löw. Özil war am Dienstag nicht im Mannschaftstraining und arbeitete im EM-Quartier in Danzig individuell.

Löw macht sogar die Mitspieler dafür verantwortlich, dass Özil noch nicht wie gewohnt glänzte. „Mesut hat sehr viel getan, er war gut im Spiel und ballsicher. Aber manchmal haben wir es verpasst, richtig loszusprinten, wenn Özil am Ball war“, monierte Löw. Er meinte Läufe in die Schnittstellen der Abwehr und die sezierenden Pässe, die Özil wohl wie kein anderer beherrscht.

Es gab aber auch einige Szenen, in denen die Kollegen durchaus richtig liefen, doch bei Özils Abspielen stimmte das Timing nicht. Überhaupt gab der Ex-Schalker manchmal eine recht unglückliche Figur ab - so wie etwa kurz nach der Halbzeitpause gegen Dänemark, als er am Strafraum bei einem Schussversuch hinfiel, als sei er auf einer Bananenschale ausgerutscht.

Wer den Schaden hat... - der schweigt lieber. Wortlos schritt Özil nach dem Dänemark-Spiel durch die Mixed Zone an den wartenden Journalisten vorbei. Was hätte er auch sagen sollen? Er hatte seine Leistung ja zuvor schon selbstkritisch bewertet. „Es stimmt, dass ich noch besser spielen kann. Weil ich weiß, was in mir steckt. Und das habe ich noch nicht alles gezeigt“, sagte Özil und fügte an: „Ja, ich muss und will mich steigern.“

Zumal die Erwartungen groß sind, hatte doch kein Geringerer als Real-Trainer Jose Mourinho seinen Mittelfeldspieler unlängst als „die beste Nummer 10 der Welt“ bezeichnet. Özil werde bei Real Geschichte schreiben, sagte „The Special One“, um aber auch anzufügen: „Er hat noch viel Luft nach oben.“

Möglicherweise hatte Özils schlechte Laune aber auch damit zu tun, dass er über einen gefälschten Twitter-Account am Sonntag rassistisch verunglimpft worden war. Sein Anwalt kündigte zu Wochenbeginn an, dass man in dieser Angelegenheit Anzeige gegen Unbekannt erstattet habe.