Lukas Podolski lässt Fußball-Deutschland von einem erneuten Sommermärchen träumen. Mit zwei Toren bescherte der gebürtige Pole der deutschen Nationalmannschaft am Sonntagabend den ersten Sieg bei einer EM-Endrunde seit zwölf Jahren, der die Hoffnung auf eine erfolgreiche Titelmission bei der Europameisterschaft weiter schürte.

Beim hart erkämpften 2:0 (1:0)-Sieg gegen Polen im Auftaktspiel der Gruppe B in Klagenfurt ging das Wagnis mit dem Münchner als verkapptem Linksaußen voll auf. Podolski erzielte seinen fünften Doppelpack (20./72.) im DFB-Trikot und brachte die Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw vor 32 000 Zuschauern im Wörthersee Stadion bereits auf Viertelfinal-Kurs. Im zweiten Gruppenspiel am Donnerstag an gleicher Stätte gegen Kroatien, am Nachmittag 1:0- Sieger gegen Österreich, geht es für die DFB-Elf bereits um den möglichen Gruppensieg.

Für negative Begleiterscheinungen eines ansonsten friedlichen Fan-Festes sorgten am Sonntagabend mehr als 140 deutsche Hooligans, die von der Polizei festgenommen wurden, nachdem sie polnische Anhänger am Rande der Fanzone provoziert hatten.

Löws Rezept, die kampfstarken Polen mit einer mutigen und offensiven Aufstellung zu überraschen, ging auf. Die Hereinnahme von Podolski anstelle des zuletzt nicht so starken Bastian Schweinsteiger zahlte sich voll aus. Mit seinem schnellen Antritt riss der Münchner immer wieder Lücken in die polnische Abwehr und krönte seine Vorstellung mit dem 26. und 27. Tor im 49. Länderspiel. Allerdings sicherte er durch seinen Offensivdrang Marcell Jansen nicht ausreichend nach hinten ab, was die Polen zu gefährlichen Vorstößen über diese Seite nutzten.

Podolski in nichts nach stand auf der rechten Seite Clemens Fritz, der im Zusammenwirken mit Philipp Lahm für viel Druck über diesen Flügel sorgte. Nicht so eine prägende Persönlichkeit des Spiels wie zuletzt war Michael Ballack. Der Kapitän war zum EM-Start eher Teamspieler als glänzender Regisseur. Seine beste Szene hatte Ballack in der 70. Minute, als er nach Vorarbeit von Lahm am toll reagierenden Torhüter Artur Boruc scheiterte. Als Stabilisator in der Rückwärtsbewegung erwies sich mit seiner Übersicht Torsten Frings. In vorderster Linie empfahl sich Mario Gomez mit seiner Zweikampfstärke für einen EM-Stammplatz. Auch Miroslav Klose wusste am Vorabend seines 30. Geburtstages zu gefallen, hätte aber in der 4. Minute bei seiner größten Chance selbst den Abschluss suchen müssen.

Die zuletzt heftig kritisierte Innenverteidigung ließ diesmal nichts anbrennen. Das lag auch an Christoph Metzelder, der zum Turnierstart deutlich verbessert auftrat. Ein echter Prüfstein für die Abwehr waren die Polen mit ihrem Ein-Mann-Sturm Ebi Smolarek allerdings nicht. Für Gefahr vor dem deutschen Tor sorgten sie meist über die rechte Seite, wo Jansen gegen Wojciech Lobodzinski einen schweren Stand hatte. Mit zwei Patzern in der Anfangsphase konnte Jens Lehmann letzte Zweifel an seiner Leistungsfähigkeit nicht ganz ausräumen. Doch nachdem er in der 28. Minute einen Schuss von Lobodzinski pariert hatte, strahlte der künftige Keeper des VfB Stuttgart wie gewohnt Sicherheit aus.

Bei trockenem Wetter und angenehmen Temperaturen begann die Partie für die deutsche Mannschaft mit einem Schreckmoment. Nach gerade einmal 36 Sekunden behinderten sich Lehmann und Per Mertesacker bei der Abwehr einer Flanke von Maciej Zurawski gegenseitig, doch der Wolfsburger Jacek Krzynowek wusste mit der unverhofften Gelegenheit nichts anzufangen. Davon unbeeindruckt übernahm das DFB-Team sofort entschlossen das Kommando. Das frühe 1:0 verpasste Gomez, der nach Zuspiel von Klose frei vor dem Tor am Ball vorbeirutschte (4.). In dieser Situation hätte der allein auf Keeper Boruc zueilende Münchner allerdings selbst den Abschluss suchen müssen.

Eine Viertelstunde später machte es Klose besser. Von Sturmpartner Gomez glänzend freigespielt, passte er in die Mitte zum mitgelaufenen Podolski, der aus wenigen Metern zum 1:0 gegen sein Geburtsland vollstreckte. Neun Minuten vor der Halbzeit verzeichneten die noch mit sechs Spielern aus dem Dortmunder WM-Gruppenspiel 2006 angetretenen Polen ihre beste Möglichkeit der ersten Halbzeit. Nach einem verlorenen Zweikampf Jansens gegen Lobodzewski zielte Zurawski aus zwölf Metern knapp am deutschen Tor vorbei.

Nach Wiederbeginn war die Entschlossenheit im deutschen Team wie weggeblasen. Die Polen erhöhten den Druck und verunsicherten ihren Gegner damit sichtlich. Vor allem der eingewechselte Roger Guerreiro sorgte auf der rechten Seite für viel Wirbel. Löw reagierte auf die veränderten Kräfteverhältnisse und ersetzte den ausgepumpten Fritz durch Schweinsteiger. Doch die deutsche Elf leistete sich auch weiter viel zu viele Ballverluste. Erst Podolskis Direktabnahme nach Schweinsteigers Balleroberung befreite den dreimaligen Europameister von allen Sorgen.