26 Jahre lang organisierte Horst Peterson das Hamburger Hallenfußball-Turnier. Dann kam die Krawallnacht. Jetzt braucht der Macher selbst Hilfe.

Hamburg. Ab und zu huscht ein Lächeln über sein Gesicht. Dann blinzeln die Augen für ein, zwei Sekunden wieder so freudig und unternehmungslustig wie früher. Wie vor dem 3. Juni 2008. Ein schwerer Schlaganfall brachte damals nicht nur einen kräftigen Mann an den Rand des totalen Zusammenbruchs, sondern eine ganze Familie. Bis zu jenem Tage hatten Horst und Monika Peterson auf der Sonnenseite des Lebens gestanden, doch nun war die heile Welt des seit 47 Jahren verheirateten Paares aus den Fugen geraten.

Und dann kam auch noch dieser 5. Januar. Der Abend, an dem Horst Petersons Lebenswerk zerstört wurde. Die schweren Ausschreitungen beim Schweinske-Cup, die Bilder der Schläger, die dem großen Hamburger Fußball-Hallenturnier ein unrühmliches Ende bereiteten, gingen durch die Republik, liefen über alle Fernsehsender. Das Turnier, seine Veranstaltung, die es seit 26 Jahren gab, war innerhalb von Minuten im wahrsten Sinne des Wortes mit Füßen getreten worden. Noch ein Schlag für Horst Peterson.

Der 76-Jährige, den seine Freunde "Peggy" nennen, war einst bei der Spielvereinigung Blankenese einer der besten Hamburger Fußball-Torhüter. Er wurde später Handball-Trainer, betrieb über Jahrzehnte ein Sportgeschäft in Hamm - und er veranstaltete Turniere. Erst für die Jugend, dann für die Amateure. Und er fühlte sich 1986 auch durch einen Bericht in dieser Zeitung herausgefordert. "Es ist unmöglich, in Hamburg ein großes Hallenturnier mit Profi-Klubs auf die Beine zu stellen", gab das Hamburger Abendblatt unter anderem die Meinung des damaligen HSV-Managers Felix Magath wieder. Genau das wollte Horst Peterson widerlegen und der Stadt das Gegenteil beweisen - und es ist ihm gelungen. 25 Jahre lang war seine Veranstaltung der etwas andere Budenzauber, in Alsterdorf ging es familiär-menschlich zu - ganz anders als bei den meisten vergleichbaren Turnieren. Peterson schuf ein Spektakel mit Herz. Jahr für Jahr, zuletzt als "Ehrenveranstalter".

"Du kannst Peggy heute nicht sprechen", sagt Monika Peterson leise am Telefon, ein paar Tage nach dem Skandal von Alsterdorf. "Er liegt seit dem Ende des Turniers im Bett, er hat sich verkrochen, will nichts sehen und nichts hören. Er hat Schmerzen am ganzen Körper, der Arzt muss kommen. Diese Schläger haben seine Welt zerstört ..." Noch heute werden ihre Augen glasig, denkt sie an jene Tage zurück. "Ich habe geweint", sagt sie. "Das ging an die Substanz. Wir haben uns das Ende des Turniers einmal ganz anders vorgestellt." Auf eine Frage weiß sie keine Antwort: "Wie können diese jungen Menschen überhaupt einen solchen Hass entwickeln?"

Horst Peterson hat sich heute wieder gefasst. Er sitzt in seinem Rollstuhl, scheinbar erholt, wieder kräftiger. Er gestikuliert, wenn er über die damaligen Ereignisse spricht: "Vergessen werde ich das nie, aber man gewinnt doch Abstand." Aber denkt er an den 5. Januar zurück, wird aus Enttäuschung Zorn. "Diese Schlägertrupps waren widerlich, abartig, unmenschlich, einfach fürchterlich", ereifert er sich. Mehr als 90 Verletzte hatte es gegeben, darunter auch Frauen und Kinder, 80 Schläger wurden in Gewahrsam genommen - die traurige Bilanz einer brutalen Schlacht.

Peterson hat lange gegrübelt, hat diesen Abend immer wieder an sich vorbeiziehen lassen, hat für sich selbst nach einer Erklärung für dieses Dilemma gesucht. Jetzt sagt er: "Diese Leute waren nicht unsere Stammkunden. Die sind nur mit dem Vorsatz in die Halle gekommen, gewalttätig zu werden. Das waren nicht jene Fans, die uns Jahr für Jahr von Turnier zu Turnier begleitet haben, um ein friedliches Fest mit uns zu feiern."

Nichts davon ist geblieben. "Peggy" Peterson hat sogar seinen besten Freund verloren: Wolfgang Engelmann, ehemals Bürgermeister von Mölln und lange Zeit "rechte Hand" des Turnierveranstalters. Nach Petersons Schlaganfall hatten Engelmann (ehrenamtlich) und der frühere Turnierpressechef Peter Sander die Geschäfte der Sport-Peterson-Event GmbH und Co. KG geführt, doch Peterson, der auch ein Dickschädel sein kann, fühlte sich nicht angemessen behandelt: "So geht man nicht mit einem Freund um, der krank ist." Über Details seines Ärgers mag er nicht sprechen.

Und es kommt noch schlimmer. Denkt Peterson an die Zukunft, gerät sein Alltag schnell wieder ins Wanken. Die finanziellen Nöte sind erdrückend. Er spricht langsam und bedächtig, und er wirkt traurig, als er sagt: "Als ich damals von einer Minute zur anderen krank geworden bin, da haben Monika und ich einen ziemlich großen Schlag erlitten." Seine Frau stand ganz allein vor der Aufgabe, das Geschäft aufzulösen: "Alles musste ganz schnell gehen." Peterson legt erneut eine kurze Pause ein, atmet tief durch und sagt dann: "Wir hatten Waren von wirklich großem Wert, das Geschäft sollte unsere Altersversorgung sein - aber wir haben durch den plötzlichen Verkauf nur ein Bruchteil von dem bekommen, was wir uns erhofft hatten." Ratlos sagt er dann: "Wir müssen jetzt sehen, was auf uns zukommt."

Eine goldene Nase hat sich Peterson mit seinem Turnier nicht verdient. Plus und Minus hielten sich die Waage, gern dachte er an andere - und gab. Geld und Lebensmittel für einen Jugendbetreuer, der in Not geraten war. Oder Feiern und Reisen für die 50 ehrenamtlichen Turnier-Helfer. "Vielleicht hat das ja der eine oder andere von ihnen nicht vergessen", sagt er leise. "Ich habe es immer gerne getan."

Sein Handeln war so, wie er sein Turnier 25 Jahre lang gestaltete: freundschaftlich, nett, familiär, menschlich - in einem Wort: einmalig. "Diese tolle Zeit", sagt er, "kann mir keiner nehmen." Und dabei huscht wieder ein kurzes Lächeln über seine Wangen. Trotz aller Schicksalsschläge - die schönen Erinnerungen sind geblieben.