Nur mit einem Erfolg kommen die Deutschen aus eigener Kraft weiter. Krupp nominierte Daniel Kreutzer nach.

Köln. Köln Jesper Damgaard ist ein freundlicher, mit schütterem Haar, einem übersichtlichen Gebiss und einer gesunden Prise Humor ausgestatteter Eishockeyprofi, der in seiner seit 1993 andauernden Karriere schon viel erlebt hat. Der 35-Jährige verbrachte drei Jahre in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL), von 2000 bis 2002 bei den Revier Löwen Oberhausen und 2006/07 bei den Augsburger Panthern, die meiste Zeit spielte er, wie auch in der abgelaufenen Saison, in Malmö, er weiß also, wovon er spricht. Und Jesper Damgaard spricht gern in diesen Tagen, in denen er als Kapitän der dänischen Nationalmannschaft die vielleicht größten Momente seiner Karriere erleben darf.

„Mein Traum ist es, vor dem Ende meiner Laufbahn mit meinem Land ein WM-Viertelfinale zu erreichen“, sagte Damgaard am Montag nach dem 2:1-Verlängerungssieg über die USA, der sein Team nach dem 4:1-Auftakterfolg über Finnland bereits sicher in die Zwischenrunde brachte. „Hätte mir jemand vor dem Turnier gesagt, dass wir mit zwei Siegen gegen solche Topnationen starten, hätte ich ihn direkt ins Irrenhaus einweisen lassen“, sagte Damgaard, und das nicht mehr ganz so blitzende Zahnpastalächeln, das er dazu auflegte, bewies, dass er sich wirklich wundert über das, was ihm und seinen Jungs bislang gelungen ist bei dieser WM. Von einem „wunderbaren Tag für das dänische Eishockey“ sprach Trainer Per Backman, der seinen Spielern eine Mischung aus Aggressivität und Spielwitz verordnet hat, die erstaunlichen Erfolg hervorbringt.

Das Schicksal führt die Dänen am Mittwoch (16.15 Uhr, Sport 1 live) nun mit dem WM-Gastgeber zusammen. Für die Deutschen ist die abschließende Vorrundenpartie nach der 0:1-Niederlage vom Montagabend gegen Finnland tatsächlich das befürchtete Endspiel. Mit einem Sieg wäre die Auswahl von Uwe Krupp definitiv für die Zwischenrunde qualifiziert, doch selbst eine Niederlage könnte wegen des direkten Vergleichs genügen, wenn die USA um 20.15 Uhr gegen Finnland in regulärer Spielzeit verlieren. Für Rechenspiele war im deutschen Lager jedoch niemand zu haben. „Wir schauen nicht auf die anderen, sondern werden versuchen, unser Spiel zu spielen“, sagt Krupp. Der Bundestrainer hat den Schlüssel zum Sieg über die Dänen bereits gefunden. „Wir brauchen einen Torhüter, der über sich hinauswächst, eine so starke Defensivleistung wie in den ersten Spielen und eine Offensive, die ihre Chancen nutzt und sich individuell gegen die Dänen behauptet“, sagt er.

DEUTSCHLAND VERLIERT 0:1 GEGEN FINNLAND

Teil eins dieser Forderungen dürfte am leichtesten zu erfüllen sein. Nachdem gegen die Finnen der Berliner Rob Zepp über sich hinauswuchs und zum Spieler des Spiels gewählt wurde, darf sich heute wieder der Augsburger Dennis Endras bewähren, der beim 2:1-Auftaktsieg nach Verlängerung gegen die USA glänzte. „Unsere Torhüter sind alle gut drauf, aber Dennis ist vielleicht nach der Pause gegen Finnland etwas frischer, deshalb setzen wir auf ihn“, sagte Krupp. Zepp wird die Herabstufung klaglos akzeptieren. „Es ist doch ein schönes Problem für den Trainer, dass er eine solche Auswahl hat“, sagt er. Leidtragender ist der dritte Keeper Dimitrij Kotschnew (Spartak Moskau), der als Favorit auf die Nummer-eins-Position aus der Vorbereitung kam, nun aber hintenan steht. „Ich kann nur dranbleiben und mir im Training weiter Mühe geben. Aber wenn Rob und Dennis weiter so halten, wird es schwer für mich“, sagt er.

Krupp hat für das entscheidende WM-Gruppenspiel gegen Dänemark Stürmer Daniel Kreutzer nachnominiert. „Er gibt uns eine weitere Option. Mit der Abwehr sind wir sehr zufrieden“, sagte der Coach am Dienstag in Köln. In den ersten beiden Partien der Vorrunde hatte Krupp einen Platz in seinem Kader offen gelassen. Der Düsseldorfer Kreutzer hielt sich auf Abruf bereit und trainierte bereits mit der Mannschaft. Für den 30-Jährigen ist es die achte Teilnahme an einer A-Weltmeisterschaft.

DER EISHOCKEY-WM-SPIELPLAN

Die Ernüchterung nach dem euphorisieenden Sieg über die USA im Weltrekordspiel auf Schalke war den deutschen Kufencracks zwar anzumerken, dennoch gab Angreifer Alexander Barta von den Hamburg Freezers die Marschroute für das Treffen mit den Dänen vor. „Wir haben gegen die Topnation Finnland den ersten Matchball vergeben. Jetzt müssen wir noch aggressiver spielen und den zweiten nutzen“, sagte er. Ob es ein Vorteil ist, dass die Dänen bereits den Einzug in die Zwischenrunde sicher haben, wollte er ebenso wie seine Kollegen nicht beurteilen. Klar ist jedoch, dass der nördliche Nachbar, der als Außenseiter in die WM startete, nicht unterschätzt werden wird. Krupp: „Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass die Dänen das stärkste Team der Gruppe sind und uns das härteste Spiel bevorsteht.“

Glaubt man Jesper Damgaard, dann wol-len die Dänen vor allem eins – Spaß haben. „Wir können gegen die Deutschen locker spielen, weil es nicht mehr um alles geht. Aber wir könnten mit einem Sieg auch mit mindestens fünf Punkten in die Zwischenrunde gehen und dem Viertelfinale näher kommen. Deshalb werden wir alles geben“, sagt er. Und wer weiß, ob dann am Ende nicht eine Überraschung möglich ist, wie sie Dam-gaards kickende Landsleute 1992 mit dem Gewinn des EM-Titels schafften. „Das wäre natürlich für uns alle das Größte“, sagt Damgaard. Und er weiß, wovon er spricht.