77 803 Zuschauer auf Schalke bejubeln zum Auftakt der Eishockey-WM den deutschen 2:1-Sieg nach Verlängerung gegen die USA.

Gelsenkirchen. Es gibt Momente, die kann man zwar beschreiben, doch man muss sie erlebt haben, um die Magie verstehen zu können, die von ihnen ausgeht. Der Moment, in dem Michael Wolf die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft am Freitagabend im WM-Eröffnungsspiel gegen die USA in Führung schoss, war so einer. Die 77 803 Menschen , die ihn live in der Veltins-Arena auf Schalke erlebten, werden ihn wohl nie vergessen. Und weil der Treffer des Torjägers der Iserlohn Roosters immerhin zum Erreichen der Verlängerung reichte, ist die Hoffnung groß, dass diese WM für die Auswahl von Bundestrainer Uwe Krupp eine gute werden kann. Vor allem, weil Felix Schütz (Portland Pirates) nach 21 Sekunden der Overtime zum 2:1 (0:0, 1:0, 0:1, 1:0)-Sieg traf und die Arena damit endgültig zum Tollhaus machte.

Der Rahmen für die Partie war nicht nur atemberaubend, sondern auch einen Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde wert. Die Besucherzahl bedeutet eine neue Bestmarke im Eishockey. 74 554 Fans hatten im Oktober 2001 im Football-Stadion von Lansing bei der Collegepartie zwischen Michigan und Michigan State für den alten Weltrekord gesorgt, der nun geknackt wurde. Bereits vier Stunden vor Spielbeginn feierten die Fans zu Tausenden vor der Arena. Trikots von Teams aus allen Ecken der Republik - darunter Hochburgen wie Ravensburg, Crimmitschau, Bremerhaven - wurden zur Schau gestellt, die Atmosphäre war so friedlich und fröhlich, wie man es von Eishockey-Anhängern gewöhnt ist. Auch Dutzende Fans der Hamburg Freezers hatten sich unter die Feiernden gemischt, das Banner des Fanclubs "Eispiraten Hamburg" hing gut sichtbar in der Nordkurve, in der die Anhänger die Schlachtgesänge anstimmten, die sich nach und nach durch die gesamte Arena ausbreiteten.

Nach einem etwas langatmigen Vorprogramm, in dem das deutsche Legenden-Team mit den Ex-Freezers Jürgen Rumrich, Tobias Abstreiter und Jochen Molling einer russischen Auswahl mit 2:5 unterlegen war, hatte es um 19.17 Uhr erstmals lautstarken Jubel in der Arena gegeben. Ausgerechnet in schwarz-gelben Trikots, den Farben des Schalker Fußballrivalen Borussia Dortmund, war die DEB-Auswahl zum Warm-up aufgelaufen, vornweg, direkt hinter Torhüter Dennis Endras, Freezers-Stürmer Alexander Barta, der ebenso wie sein Vereinskollege John Tripp den Sprung ins endgültige Aufgebot geschafft hatte. Krupp strich als letzte Spieler Frank Hördler (Eisbären Berlin), Christopher Fischer (Wolfsburg) und Düsseldorfs Daniel Kreutzer aus dem Kader. Um 19.56 Uhr erklärte Bundespräsident Horst Köhler dann die Titelkämpfe für eröffnet.

Und beide Teams brauchten keine Anlaufzeit, um mit dieser WM warm zu werden. Der Olympiazweite aus Übersee, der mit einer jungen, zu großen Teilen aus Profis von aus den Play-offs bereits ausgeschiedenen NHL-Teams bestehenden Mannschaft angereist ist, schien in den ersten Minuten ein wenig beeindruckt von den deutschen Fans, die sie bei jeder Aktion auspfiffen. Man muss nicht betonen, dass die Amerikaner das technisch und spielerisch bessere Team stellten. Doch Krupps Auswahl hielt mit Einsatzwillen, Laufbereitschaft und Aggressivität dagegen, und als die US-Boys nach 15 Minuten die Kontrolle übernommen hatten, zeigte Keeper Endras, warum er an der Vizemeisterschaft der Augsburger Panther großen Anteil hatte.

Im zweiten Drittel entwickelte sich zunächst ein offenes Duell - bis Wolf auf Vorlage des Kölners Marcel Müller aus kurzer Distanz unter die Latte traf. Der Rückstand beflügelte die Gäste, die fortan auf den Ausgleich drückten, sich jedoch gegen die sicher stehende Defensive und Endras zunächst nicht entscheidend durchsetzen konnten. Dies gelang dann elf Minuten vor dem Ende, als Ryan Carter (Anaheim Ducks) den Puck aus dem Gewühl heraus Endras durch die Schoner schob. Anschließend fanden die Deutschen ins Spiel zurück und fuhren wieder entlastende Konter, so dass sie sich mit Glück und Geschick in die Verlängerung retteten. Dort reichten dem 22 Jahre alten Schütz dann 21 Sekunden, um den Siegtreffer zu erzielen. Es sind Momente wie diese, in denen Großes entstehen kann.

Tore: 1:0 (25:20) Wolf (Müller), 1:1 (48:28) Carter, 2:1 (60:21) Schütz. Strafminuten: 8/8. Schiedsrichter: Christer Larking (Schweden)/Chris Savage (Kanada). Zuschauer: 77 803 (Weltrekord).