Freezers-Nationalstürmer Alexander Barta freut sich über die große Begeisterung bei der Eishockey-WM nach dem 2:1-Erfolg gegen die USA.

Hamburg/Köln. Am Freitagabend, nach dem 2:1-Triumph in der Verlängerung im WM-Auftaktspiel gegen die USA, konnte man einen Alexander Barta sehen, wie es ihn öffentlich nicht oft zu sehen gab in den vergangenen Monaten. Der Eishockey-Nationalspieler der Hamburg Freezers hatte bei jeder Antwort auf die vielen Fragen, die an ihn gerichtet wurden, ein strahlendes Lächeln im Gesicht. Der Eindruck, den die Weltrekordkulisse von 77 183 Fans in der Fußballarena von Gelsenkirchen hinterlassen hatte, wirkte nach. Der 27-Jährige, so schien es, war nach der Pleitesaison mit den Freezers in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) froh, endlich einmal über einen kaum für möglich gehaltenen Triumph referieren zu können. Zwei Tage später nahm sich der gebürtige Berliner, der am Sonntag am WM-Standort in Köln Besuch von seinen Eltern erhielt, für das Abendblatt Zeit, um das Erlebte noch einmal Revue passieren zu lassen - und um vorauszuschauen auf das zweite Gruppenspiel heute (20.15 Uhr, Sport 1 live) gegen Finnland.

Abendblatt: Herr Barta, wie schafft man es, ein solches Erlebnis wie das am Freitagabend auszublenden, um sich auf die nächste Aufgabe zu konzentrieren?

Alexander Barta: Man wird gegen Finnland sehen, ob und wie wir es geschafft haben. Fakt ist, dass wir schon am Sonnabend wieder ganz normal und vor allem sehr konzentriert trainiert haben. Denn letztlich ist uns allen klar, dass wir noch gar nichts erreicht haben. Wir benötigen noch immer einen Sieg, um in die Zwischenrunde einzuziehen. Wenn wir zweimal verlieren, spielen wir wieder gegen den Abstieg.

Ist es nicht ein wenig traurig, dass man solche Abende wie den auf Schalke nicht länger genießen kann?

Ich denke, dass ich die Geschehnisse sowieso erst realisiere, wenn das Turnier vorbei ist. Und dann kann man das auch genießen. Ein Teil dieses Abends gewesen zu sein, das kann uns niemand mehr nehmen, und daran werden wir immer denken.

Was tut man in den Stunden nach so einem Erlebnis?

Wir kamen in die Kabine, und da war dann Bundespräsident Horst Köhler und hat uns die Hände geschüttelt. Das war alles irgendwie unwirklich. Wir sind dann mit dem Bus ins Teamhotel nach Köln zurückgefahren. Dort saß ich noch mit Dimitrij Kotschnew, Christoph Ullmann und meinem Zimmerpartner Sven Felski zusammen, und wir haben versucht, die Eindrücke zu verarbeiten. Felle und ich lagen dann im Bett noch länger wach und haben geredet.

Welche Bilder sind es, die Ihnen beim Gedanken an Freitagabend sofort in den Kopf kommen?

Das sind drei Bilder. Die unglaubliche Kulisse beim Einlaufen in die Arena, dann das Siegtor von Felix Schütz, und schließlich der Moment, als wir nach dem Spiel die Nationalhymne singen. Da hatte ich jedes Mal Gänsehaut am ganzen Körper.

Dieses Bild, wie das ganze Team Arm in Arm dort stand, die Hymne sang und von den Stimmen der Fans praktisch überrollt wurde, erinnerte stark an die Fußball-WM 2006.

Das stimmt, es war wirklich gewaltig. Wir haben schon vor dem Spiel gespürt, wie groß die Begeisterung der Fans ist. Wir sollten zwei Stunden Mittagsschlaf halten. Felle und ich hatten das Fenster auf Kipp, und als wir gehört haben, was da draußen schon Stunden vor dem Spiel los war, da saßen wir nach einer Stunde im Bett und haben uns gesagt, dass Schlafen jetzt irgendwie gar nicht geht. Felle hat dann noch gesagt, er würde abends um sein Leben rennen. Und das haben wir dann alle getan.

Gerade für Sie muss es eine enorme Genugtuung sein, bei dieser Heim-WM im Kader zu stehen, nachdem Sie Olympia in Vancouver verpassten, weil Sie nach der Eröffnungsfeier aus dem Kader gestrichen wurden.

Ach, eine Genugtuung ist das nicht. Ich habe immer gewusst, dass ich dabei sein würde, wenn ich meine Leistung bringe. Alles lag an mir selbst. Ich bin nur froh darüber, dass ich dafür belohnt wurde, die Entscheidung in Vancouver klaglos akzeptiert zu haben. Es war richtig, mit dorthin zu fliegen, obwohl ich wusste, dass ich nicht spielen würde.

Haben Sie mal darüber nachgedacht, was gewesen wäre, wenn Sie nun auch die Heim-WM verpasst hätten?

Ich gebe zu, dass das eine unbeschreibliche Enttäuschung gewesen wäre, deren Folgen ich mir aber nicht ausgemalt habe. Und zum Glück muss ich auch nicht erfahren, wie es sich anfühlt.

Es gibt ein paar Unkenrufe, die beklagen, dass die WM keinen Wert habe, weil den Topnationen die Stars fehlen, die in der NHL gerade Play-offs spielen. Wie gehen Sie mit dieser Diskussion um ?

Das interessiert mich eigentlich gar nicht. Auch uns fehlen ein paar NHL-Spieler. Und letztlich haben die USA oder Kanada auch fast nur NHL-Profis im Kader. Deshalb dürfen wir auf unseren Sieg stolz sein. Trotzdem bleiben wir auf dem Boden.

Jetzt geht es gegen die Finnen, gegen die es bei Olympia ein 0:5 gab. Ist das in den Köpfen, sinnt das Team auf Revanche?

Ich denke nicht, dass das noch in den Köpfen ist. Es ist doch auch eine andere Mannschaft als in Vancouver, auf die wir jetzt treffen.

Hat es Sie überrascht, dass die Finnen ihr erstes WM-Spiel gegen Finnland überraschend klar mit 1:4 gegen Dänemark verloren haben?

Natürlich hat mich das überrascht. Aber es zeigt uns, dass die Dänen ein sehr starker Gegner sind, den wir nicht unterschätzen dürfen.

Einige sagen, man sollte gegen die Finnen abschenken, um mit voller Kraft das entscheidende Spiel am Mittwoch gegen Dänemark angehen zu können.

Das wäre fatal. Wir können es uns nicht erlauben, uns hängen zu lassen. So etwas geht immer schief. Wir werden uns auch gegen die Finnen voll reinhängen, werden aggressiv und offensiv spielen.

Nach dem, was Sie am Freitag erlebt haben, kann die Atmosphäre in der Kölner Arena nur ernüchternd sein, oder?

Das glaube ich gar nicht. Die Fans dort freuen sich mit Sicherheit schon sehr auf uns und werden ebenfalls eine großartige Stimmung machen. Wir werden jedenfalls alles dafür tun.