Serie zur Sportgala: Die Starboot-Europameister Johannes Polgar und Markus Koy vom Norddeutschen Regatta Verein.

Hamburg. Der Check gestern Nachmittag beim Arzt am Neuen Wall in Hamburg verlief rundum positiv. Alles sei in bester Ordnung, berichtete Johannes Polgar erleichtert. Grund zur Sorge bestand eigentlich nicht, schließlich ist der Mann erst 33, Leistungssportler, Olympiateilnehmer dazu. Im vergangenen Jahr jedoch hatte er zwischenzeitlich 20 Kilo zugenommen. Mit viel Nahrungsergänzungsmitteln, Proteinen und Kohlehydraten und noch mehr Krafttraining hatte er bei einer Größe von 1,83 Metern sein Gewicht von 68 auf 88 Kilo gesteigert. Das schlägt manchem auf die Blutwerte.

+++So wählen Sie mit und können dabei gewinnen+++

Die selbst verordnete Zunahme brachte den gewünschten Erfolg. Mit seinem Vorschoter Markus Koy, 36, gewann Steuermann Polgar vor dem italienischen Viareggio im Juni die Europameisterschaft der Starbootsegler. Der souveräne Triumph war umso bemerkenswerter, weil Polgar erst seit anderthalb Jahre im schwierig zu handhabenden Starboot an der Pinne saß und die gesamte Weltelite, insgesamt 140 Boote, um den kontinentalen Titel gesegelt war. Polgar/Koy vom Norddeutschen Regatta Verein (NRV) an der Außenalster sind deshalb zwei aussichtsreiche Kandidaten bei der Wahl zu Hamburgs Mannschaft des Jahres 2010.

Starboote fordern den ganzen Mann. Mit einer Segelfläche von rund 31 Quadratmetern, 23 das Großsegel, acht die Fock, sagt Polgar, sei das 6,90 Meter lange Kielboot "eigentlich übertakelt", das heißt, es ist bei größeren Windstärken schwer zu beherrschen. Mit Masse und Muskeln müssen die Naturgewalten bekämpft werden, um das Schiff stabil im Wasser und damit auf Siegkurs zu halten. Koy, 2,04 Meter groß, hängt dann mit seinem Körper weit über Bord, legt seine bis zu 116 Kilo in den Gurt, Polgar hinter ihm den erlaubten Rest bis zum Gewichtslimit von insgesamt rund 200 Kilo - wobei die Pfunde nicht einfach addiert, sondern nach einer Formel berechnet werden. In die geht das Gewicht des Steuermanns mit einem anderen Faktor ein als das seines Vorschoters.

Segeln auf höchstem Niveau, sagt Polgar, habe viel mit Schach zu tun. "Wir brauchen eine Strategie, wie wir den vorgegebenen Kurs fahren wollen, andererseits müssen je nach Wind und Konkurrenz ständig auch taktische Entscheidungen getroffen werden, vor allem im Kampf Boot gegen Boot. Das erfordert in jedem Moment höchste Konzentration, neben der körperlichen auch geistige Fitness. Ein Fehler kann die ganze Wettfahrt kaputt machen." Polgar hat das Sagen an Bord, Koy vertraut ihm. Zweckgemeinschaften hätten daher auf Dauer wenig Erfolg, meinen beide: "Wir verstehen uns gut, und das muss auch so sein. Wäre das nicht der Fall, würde zu viel Energie in die Bewältigung von Konflikten gesteckt."

Polgar/Koy segeln Ende des Monats beim Worldcup vor Miami in die Saison. In Weymouth vor der Südküste Englands, bei der Kieler Woche und im Dezember bei der WM vor Perth (Australien) müssen sich die beiden Hamburger für die Olympischen Spiele 2012 qualifizieren. London soll nach dem Willen des Weltverbandes der letzte Auftritt des Starboots bei Olympia werden. Einen wie Johannes Polgar kann das nur noch ärgern, nicht schocken. 2008 war er in China mit seinem Partner Florian Spalteholz bei der Abschiedsvorstellung des Tornados dabei. Damals wog er noch 68 Kilo.