Kandidaten für die Sportlerwahl, Teil sieben: Heute die Judoka Martyna Trajdos, 21, Gewinnerin der Bronzemedaille bei der EM 2010.

Hamburg. Über Weihnachten gab es endlich mal wieder eine kurze Phase der Erholung. Kurz zuvor hatte Martyna Trajdos auf einem Turnier in Tokio gekämpft, seit Montag ist sie im Trainingslager im Bundesleistungszentrum Kienbaum, noch im Januar stehen die Deutschen Meisterschaften auf dem Programm, danach der Weltcup in Sofia, der Grand Prix in Düsseldorf. Später im Jahr kämpft sie aller Voraussicht nach bei den Welt- und den Europameisterschaften, zwischendurch stehen Bundesliga-Kämpfe und zwei- bis dreimal täglich Training an sechs Tagen der Woche an.

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Ein prall gefülltes Programm für eine 21-jährige Frau, die nebenbei an der Sporthochschule in Köln studiert und am Olympiastützpunkt in Hamburg einen Nebenjob im Zentrum für Leistungsdiagnostik hat. "Judo ist wie eine positive Sucht", sagt sie. "Aber ich brauche auch den Ausgleich. Es tut mir nicht gut, nur eine Sache zu machen, dann denke ich nur an Judo und treffe nur Leute, die mit Judo zu tun haben."

Martyna Trajdos ist in Belchatow in Polen geboren, kam aber bereits im Alter von drei Monaten nach Harburg, wo ihre Eltern heute noch wohnen. Sie habe als Polin in Deutschland vielleicht etwas mehr zu kämpfen gehabt als andere, aber geschadet habe es ihr nie. Trajdos wuchs zweisprachig auf, hat zwei Pässe - und als sie 2001 mit dem Judo begann, half ihr das auch, selbstbewusster zu werden. Sie trainierte fleißig, gewann immer häufiger und wurde 2007 erstmals zu einem Sichtungsturnier des Nationalkaders eingeladen. Seit 2008 ist sie Leistungssportlerin - und kämpft für Deutschland.

Was sich nach einem schnörkellosen Werdegang anhört, war in Wahrheit ein hartes Stück Arbeit. Bis 2007 kämpfte Trajdos in der Gewichtsklasse bis 57 Kilo, musste vor den Wettkämpfen immer abnehmen, viel schwitzen, viel laufen, wenig trinken. "Das ist nicht so gesund", sagt sie im Nachhinein. Mittlerweile, auch auf Drängen ihrer Eltern, liegt ihr Kampfgewicht bei 63 Kilo und sie ist von den Junioren zu den Senioren aufgestiegen. "Das war schon eine Umstellung und ich hatte einige Tiefs und Zweifel", sagt sie. Mental hält sich Trajdos, die viel Unterstützung von ihren Eltern und ihrem Freund in Köln erhält, aber für stark. Da macht sie sich schon eher Gedanken über ihren Körper. "Leistungssport ist nicht immer gesund", sagt sie. "Manchmal denke ich, shit, mit 50 kann ich nicht mehr laufen." Bislang ist sie weitgehend verschont geblieben von Verletzungen. Im vergangenen Jahr machte ihre Schulter zwar Probleme, das hinderte sie aber nicht daran, bei der Europameisterschaft im November Bronze zu gewinnen. Ein großer Erfolg, mit dem die ehrgeizige Judoka nicht zufrieden war: "Im Halbfinale habe ich kurz geträumt, das hätte besser laufen können."

Dieses Jahr will sie noch mehr - und bereitet sich intensiv vor. Ein Grund für das Studium in Köln war der Ruf des Bundestrainers, der dort sitzt. Trotzdem bleibt sie ihrer Heimatstadt treu, kämpft in der Bundesliga für Hamburg und wechselte dieses Jahr zum Eimsbüttler TV, wo sie anders als in Harburg professionelle Unterstützung erwartet. Alles kleine Schritte - auf dem Weg in die Weltspitze.