Kandidaten für die Sportlerwahl (4). Heute Maya Lindholm, Vizeweltmeisterin und deutsche Meisterin im Rollstuhlbasketball.

Hamburg. Rund 3500 Taxis sind auf Hamburgs Straßen unterwegs. Ein großes Angebot, könnte man meinen. Und doch ist es nicht immer leicht, kurzfristig einen Wagen zu bekommen. Zu Silvester zum Beispiel oder wenn es wie an diesem Tag kurz vor Weihnachten heftig schneit und es auch noch einen Sonderwunsch zu erfüllen gilt. "45 Minuten Wartezeit, mindestens", kündigt die Telefonistin einer großen Taxi-Zentrale an, und nein, einen Kombi könne sie nicht garantieren. Genau diesen bräuchte Maya Lindholm, um nach dem Fotoshooting beim Hamburger Abendblatt nach Hause zu kommen. Die 20-Jährige ist Rollstuhlbasketballerin und auf ihr Gefährt angewiesen.

Statt die Zeit totzuschlagen, lässt sie sich lieber durch den tiefen Schnee zur nächsten U-Bahn-Haltestelle mit Fahrstuhl begleiten. Es sei wirklich kein Problem, auf diese Weise die Heimfahrt anzutreten, sagt die kurz vor dem Abitur stehende Schülerin und lächelt. Schließlich fahre sie sonst auch mit den öffentlichen Verkehrsmitteln, unter anderem von ihrer Wohnung in Harburg zum Mannschaftstraining in der Wandsbeker Sporthalle.

Ihr großes Ziel sind die Paralympics in London 2012

Zweimal in der Woche finden die Einheiten statt, seit der HSV aufgrund interner Versäumnisse den Rückzug aus der Bundes- in die Regionalliga antreten musste. Für eine Nationalspielerin wie Lindholm, die 2010 mit den deutschen Frauen Vizeweltmeisterin, den Hamburger Frauen und im Junioren-Bereich jeweils deutsche Meisterin wurde, ein ärgerlicher Rückschritt.

Sie blieb dem Verein dennoch treu, weil sie sich in Hamburg wohlfühlt, die Stadt mit ihrem Hafen und die Menschen mag. "Ich hoffe, dass wir jetzt wieder in die Zweite Liga aufsteigen", sagt Lindholm. "Manchmal ist es auch gut, wenn alles von vorne und richtig beginnt." Mit zusätzlichen Schwimm- und Krafteinheiten versucht sie sich auf ihr großes Ziel vorzubereiten: die Paralympics in London 2012. Sie habe dafür eine sehr gute Perspektive, bestätigt Holger Glinicki ihre Hoffnungen. "Maya ist für ihr Alter schon relativ weit", sagt der Frauen-Bundestrainer. "Sie traut sich ran. Was man ihr sagt, versucht sie umzusetzen."

Dabei ist es noch gar nicht so lange her, dass Lindholm mit Leistungssport überhaupt nichts anfangen konnte. Erst durch ihre Behinderung wurde das anders. Eines Morgens, im Jahr 2004, hatte sie ihre Beine nicht mehr bewegen können. Die Ärzte hatten keine Erklärung, stellten erst mehrere Wochen später eine Rückenmarksentzündung fest. Die Ursache blieb unbekannt. In der Rehabilitation wurde sie gefragt, ob sie nicht beim Rollstuhlbasketball mitmachen wolle. "Ich hatte erst echt keinen Bock, habe mich überreden lassen und war dann total begeistert", sagt Lindholm. "Als sich herausstellte, dass ich sogar noch Talent habe, wurde ich auch entsprechend gefördert."

2011 wird sie für Deutschland bei der U-25-Weltmeisterschaft in Kanada und bei der Europameisterschaft in Israel spielen. Außerdem würde Lindholm gerne ihren Freund Jan, der in Bonn ebenfalls Rollstuhlbasketball spielt, nach Hamburg lotsen. Außer ihm vermisst sie trotz ihrer Behinderung nichts in ihrem Leben. "Es gibt kaum etwas, das man nicht machen kann", sagt die Angreiferin. "Man muss nur vieles vorher planen." Fahrten mit dem Taxi beispielsweise.