Die Beachvolleyballer Eric Koreng und David Klemperer gehören zu den Medaillen-Hoffnungen für die Olympischen Spiele 2012 in London.

Hamburg. Als die Hamburger Beachvolleyball-Legende Axel Hager im Sommer 1997 gefragt wurde, was er von dem Talent des damals 17-jährigen David Klemperer hielte, antwortete er wie immer verschmitzt lächelnd: "Gutes Händchen, gutes Auge, sehr ehrgeizig, aber, David möge mir verzeihen, aus ihm wird wahrscheinlich nie was."

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Hager, und das freut ihn heute, irrte. Klemperer, inzwischen 30, schaffte im vergangenen Jahr mit seinem Partner Eric Koreng, 29, das, was Hager und Jörg Ahmann, den Olympiadritten von 2000 in Sydney, ihre Karriere lang verwehrt blieb: Sie gewannen im norwegischen Stavanger, dem Wimbledon der Beachvolleyballer, ein Grand-Slam-Turnier der Weltserie, das traditionsreichste und emotionalste dazu. "Für unseren ersten Toursieg hätten wir uns keinen schöneren Ort aussuchen können", schwärmt Koreng.

Nicht nur deshalb sind die beiden Vorzeigeathleten des HSV ein Kandidat bei der Wahl zu Hamburgs Mannschaft des Jahres. Die Olympiafünften von Peking 2008, WM-Vierten von Stavanger 2009 und europäischen Ranglistenersten 2010 haben sich in der Weltspitze etabliert, und viele trauen ihnen zu, 2012 in London eine olympische Medaille zu gewinnen - wie den amtierenden Weltmeistern Julius Brink/Jonas Reckermann aus Berlin. Das gelang seit Einführung dieser Sportart 1992 ins olympische Programm erst einem deutschen Duo, Ahmann/Hager eben, das für den HSV vor rund 20 Jahren Hallenvolleyball gespielt hat.

Seit sechs Jahren touren Klemperer und Koreng gemeinsam durch die Welt, doch die Gemeinsamkeiten scheinen nicht aufgebraucht. Sie hüten sie wie einen Schatz. Beachvolleyball auf hochprofessionellem Niveau, wissen sie, frisst Freundschaften. Am extremsten trieben es einst die Schweizer Martin und Paul Laciga. Die Brüder sprachen im Training und Wettkampf kaum noch ein Wort miteinander. Der Hass aufeinander spornte sie jedoch zu Höchstleistungen an. Sie schlugen sich bis an die Spitze der Weltrangliste. 2004 trennten sie sich. Mit ihren neuen Partnern blieben trotz gesteigerter Kommunikation die alten Erfolge aus.

Klemperer und Koreng kennen Geschichten wie diese zuhauf. Der Gefahr, als seelenlose Zweckgemeinschaft im Sand zu enden und damit die Lust am Sport zu verlieren, bauen sie mit gegenseitigem Respekt vor. Schuldzuweisungen bei verschlagenen Bällen, missglückten Blocks oder ungenauen Pässen, jenes schleichende Gift, das zur Entfremdung führt, kommen ihnen selbst bei 30 bis 40 Grad Celsius Hitze nicht in den Sinn. Gefühle ausleben, dabei kühlen Kopf zu bewahren, das ist das Rezept. Ärgern sei ein natürliches Ventil, Zorn dagegen führe nur zu einem Nachlassen der Konzentration. "Wir haben beide dieselben Ziele, und wir vertrauen darauf, dass jeder sie mit der nötigen Ernsthaftigkeit und dem entsprechenden Aufwand verfolgt", sagt Klemperer. Dieses Vertrauen sei noch nie enttäuscht worden.

Abwehrspezialist Klemperer, 1,87 m, Kennzeichen: Zunge raus, rote Wangen, wenn es anstrengend wird, und Koreng, 1,94 m, am 2,43 Meter hohen Netz ein Blockbuster, ergänzen sich nicht nur beim Spiel im Strand-Rechteck, sondern auch mit ihren Charakteren. "David hat das richtige Gespür, wann er mir in den Hintern treten oder wann er mich beruhigen muss", sagt Koreng. Klemperer gilt als äußerst ehrgeizig, strukturiert und zielorientiert. Koreng bringt neben großer Sprungkraft seine stabile Psyche in die Beziehung ein.

Die neue Saison, Höhepunkt ist die WM vom 14. bis 26. Juni in Rom, hat für Klemperer/Koreng am zweiten Weihnachtsfeiertag auf Fuerteventura begonnen. Bei Temperaturen um 20 Grad Celsius bereiten sie sich auf ihren ersten geplanten Turniereinsatz am 2. Mai in Shanghai vor. Im April beginnt zudem die Olympiaqualifikation für die Spiele 2012 in London. Zuvor wollen die beiden Sportsoldaten ihr Studium abschließen. Klemperer hat an der Uni Kiel seine Diplomarbeit in Betriebswirtschaftslehre abgegeben, Koreng, im vergangenen Jahr Vater geworden, wartet auf seine Examenszulassung in Sport und Pädagogik. Die schönste Nachricht aber verbreitete Klemperer jetzt auf der Homepage des Teams. Seine Mutter sei wieder wohlauf. Sie war an Leukämie erkrankt. "Was lernt man aus solch schwierigen Zeiten?", fragt Klemperer. Er gibt die Antwort selbst: "Man sollte jeden Tag wertschätzen und ihn als Geschenk begreifen."