Der Wettskandal wird immer größer. Nun entließ der Regionalligist SSV Ulm drei seiner Spieler. Löw fordert drastische Strafen.

Düsseldorf. Im größten Wettskandal der europäischen Fußball-Geschichte hat der erste deutsche Verein drei Spielern gekündigt. Der SSV Ulm trennte sich am Freitag von Davor Kraljevic, Marijo Marinovic und Dinko Radojevic. Damit reagierte der Regionalligist mit aller Konsequenz auf ihre möglichen Verwicklungen in die Affäre. Zuvor hatte Bundestrainer Joachim Löw abschreckende Strafen für alle an Manipulationen Beteiligten gefordert. „Natürlich müssen Betrüger, ob es nun Spieler oder Schiedsrichter sind, drastisch bestraft werden. Drastische Strafen, wie es drastischer nicht geht“, sagte Löw der Deutschen Presse-Agentur dpa.

Der frühere Bundesligist Ulm geht davon aus, dass es um manipulierte Spiele in der vergangenen Saison gehen soll. „Wir haben im Gespräch festgestellt, dass die drei in den Skandal verwickelt sein könnten“, erklärte SSV-Vizepräsident Mario Meuler auf Anfrage und bestätigte damit Informationen der „Bild“-Zeitung.

Die neuesten Enthüllungen im Wettskandal sorgen in der Fußball- Welt für ungläubiges Staunen. „Ich bin natürlich auch absolut schockiert gewesen und bin weiter schockiert“, sagte der Bundestrainer zum Ausmaß des Skandals. Im gesamten Fußball müsse man rigoros vorgehen. Es sei „absolut schädigend“ für den gesamten Fußball, „wenn Spiele verschoben würden“, betonte Löw.

Zuvor waren brisante Details vom „Tatort Fußball“ bekanntgeworden. Laut Ermittlungsunterlagen steht ein hochgradig organisiertes, weltweit aktives Netzwerk unter Verdacht, auch vor „russischen Methoden“ nicht zurückzuschrecken. Das sagte der Rechtsanwalt Burkhard Benecken der dpa nach Einsicht in die Akten seines seit einer Woche in Untersuchungshaft sitzenden Mandanten Deniz C. Auf Mannschaftsärzte und Köche von Luxus-Hotels sei nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Bochum eingewirkt worden, um einzelne Spieler zu vergiften. So soll versucht worden sein, den Arzt eines slowenischen Teams mit Präparaten auszustatten, damit dieser eigene Akteure betäube, sagte Benecken.

Die Verbindungen des Netzwerks reichen dabei rund um den Globus. In mehreren asiatischen Ländern soll die Wettmafia aktiv gewesen sein, auch Holland sei betroffen, sagte Benecken auf Anfrage: „In Rotterdam soll ein Riesen-Wettvermittler sitzen.“ Eine Schaltfigur des Wett-Netzwerks soll der 30 Jahre alte Deniz C. aus Herten sein. Er habe laut Ermittlungsunterlagen den Drahtzieher Mario C. unter Druck gesetzt. Dieser soll durch seinen Kontakt in Spielerkreise maßgeblich an Manipulationen beteiligt gewesen sein.

Entscheidendes Kriterium, dass die Bande von den Ermittlern der organisierten Kriminalität zugerechnet wird, ist laut Benecken die Gewalt. Man schrecke nicht mehr wie andere Betrüger zuvor davor zurück, Leute in Keller einzusperren oder Spieler zu betäuben, soll es in den Unterlagen heißen. Deniz C. wird neben gewerbsmäßigem Bandenbetrug in acht Fällen auch erpresserischer Menschenraub vorgeworfen. „Er hat damit nichts zu tun“, sagte Benecken und kündigte an, für kommenden Mittwoch Haftprüfung zu beantragen. Eine zweite Person aus der Bande, „die in ganz erheblichem Maße im Sinne einer Gewaltausübung gehandelt haben soll“, sei laut Ermittlungsunterlagen Nurettin G. aus Lohne, sagte Benecken.

Ähnlich wie in Ulm droht einem Spieler beim SV Sandhausen die „Rote Karte“ seines Vereins: Der Drittligist erwägt, sich von dem unter Manipulations-Verdacht stehenden Marcel Schuon zu trennen. „Auch wenn er seine Unschuld beweisen kann, wird es schwer für ihn, hier noch einmal Fuß zu fassen. Es könnte möglich sein, dass wir uns von dem Spieler trennen“, sagte SVS-Präsident Jürgen Machmeier der „Rhein-Neckar-Zeitung“ (Freitag). Schuon wird vorgeworfen, in der vergangenen Saison als Profi des VfL Osnabrück an Spielmanipulationen beteiligt gewesen zu sein.