Ein Wettskandal erschüttert den Fußball. Auch gegen einen ehemaligen und einen aktuellen Osnabrücker Spieler sollen Haftbefehle vorliegen.

Frankfurt/Main. Nach Information von WELT ONLINE liegen Haftbefehle gegen die Spieler Thomas Reichenberger, Thomas Cichon (jetzt in Südafrika) und Marcel Schuon (jetzt Sandhausen) vom VfL Osnabrück vor. Ihnen wird vorgeworfen, absichtlich schlecht gespielt zu haben. Sandhausens Manager Tobias Gebert dementierte jedoch umgehend: „Fakt ist: Gegen Marcel Schuon wurde ermittelt und eine Hausdurchsuchung gemacht, aber es wurde kein Haftbefehl erlassen."

Es wurde bereits zuvor bekannt, dass unter anderem Spieler des Zweitliga-Absteiger VfL Osnabrück in den Skandal verwickelt sein sollen. Dessen ehemaliger Trainer Claus-Dieter Wollitz (Energie Cottbus) sagte: «Ich hoffe immer auf das Gute im Menschen. Das gilt auch für diesen Fall.» Vor dem Spiel seiner neuen Mannschaft am Freitagabend in Düsseldorf meinte er: «Es ist das Allerschlimmste, was es gibt, Mannschaft, Trainer, Fans und Sponsoren zu betrügen. Wenn das wirklich der Fall sein sollte, hätte der Abstieg «einen ganz bitteren Beigeschmack», erklärte Wollitz und sagte, dass seine immer noch in Osnabrück wohnende Familie wegen des Abstiegs «tagtäglich beschimpft» werde.

VfL-Sportdirektor Lothar Gans sagte dem SID: «Ich halte die Situation für so traurig, dass man sie gar nicht in Worte fassen kann. Zu den Verdächtigungen rund um den VfL will ich mich nicht äußern. Wir werden das intern besprechen.» Vereinsboss Dirk Rasch meinte: «Wichtig ist für uns zu betonen, dass der Verein VfL Osnabrück der Leidtragende ist.»

Betroffen sind angeblich die beiden Auswärtsspiele der Niedersachsen beim FC Augsburg (0:3) am 17. April 2009 und beim 1. FC Nürnberg (0:2) am 13. Mai. Ein Verdächtiger hatte nach Informationen der Neuen Osnabrücker Zeitung hohe Summen auf die beiden Partien gesetzt und sich dabei auf eine Tordifferenz festgelegt, die dann tatsächlich eintrat. Aus abgehörten Telefonaten gehe hervor, dass der Verdächtige Kontakt zu mindestens einem VfL-Spieler aufgenommen habe.

Die Politik ist irritiert, der deutsche Profifußball tappt noch im Dunkeln: Der Wettskandal im europäischen Fußball hat am Freitag vor allem beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) und der Deutschen Fußball Liga (DFL) zunächst eine gewisse Ohnmacht ausgelöst. Während der für den Sport in Deutschland zuständige Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) den Fußball selbst in die Verantwortung nahm, hoffen Liga und Verband vor allem auf die Arbeit der Staatsanwaltschaft.

«Wir sind froh, dass die staatlichen Behörden mit hoher Kompetenz und der gebotenen Ernsthaftigkeit allen Verdachtsmomenten nachgehen. Da es sich um strafrechtlich relevante Taten handeln könnte, ist die Staatsanwaltschaft Bochum Herr des Verfahrens», sagte DFB-Präsident Theo Zwanziger, nachdem die Staatsanwaltschaft am Freitag alleine in Deutschland 32 Spiele von der 2. Bundesliga bis in den Juniorenbereich unter Manipulationsverdacht gestellt hatte.

Auch wenn der deutsche Profi-Fußball trotz der weiter laufenden Ermittlungen nach Angaben von Ligaverbands-Präsident Rauball nur partiell betroffen sei, wird die Aufklärungsarbeit vollumfänglich unterstützt. «Wir sind dem Fan schuldig, dass wir alles in unserer Macht stehende tun, um einen sauberen Wettbewerb zu gewährleisten. Zunächst gilt aber auch hier die Unschuldsvermutung. Aber klar ist: Wir können nicht dulden, dass auch nur ein einziges Spiel manipuliert ist», erklärte Rauball.

Der Kontrollausschuss des DFB wird nach eigenen Angaben die weiteren Ermittlungen intensiv beobachten und auf Wunsch aktiv begleiten. Sollte sich der bestehende Anfangsverdacht bestätigen, will der Verband die nötigen sportgerichtlichen Schritte einleiten.

Mit Verwunderung nahm Bundesinnenminister de Maiziere den Wettskandal im europäischen Fußball zur Kenntnis. «Das ist ganz schlecht für den Sport», sagte der Minister: «Jetzt ist es Aufgabe des Sports und der ermittelnden Behörden, weitere Schritte einzuleiten.»

Derweil glaubt Wolfgang Holzhäuser, Sprecher der Geschäftsführung von Bayer Leverkusen, dass sich der Fußball «grundsätzlich gegen solche Praktiken nur schwer zur Wehr setzen» kann: «Ich bin aber überzeugt, dass wir als Verein nicht betroffen sind. Nach dem Hoyzer-Skandal haben wir in unsere Arbeitsverträge Klauseln eingebaut, nach denen die Spieler verpflichtet sind, etwaige betrügerische Angebote an mich oder Rudi Völler zu melden», sagte Holzhäuser.

Auch das Freundschaftsspiel zwischen Regionalligist SSV Ulm und dem vom deutschen Trainer Christoph Daum trainierten türkischen Erstligisten Fenerbahce Istanbul am 14. Juli 2009 steht unter Manipulationsverdacht.

Im Zuge der Ermittlungen ist zudem erstmals die Verhaftung eines Spielers bekannt geworden. Wie der Landesligist Würzburger Kickers auf seiner Internetseite mitteilte, habe die Staatsanwaltschaft Bochum einen Spieler des Vereins am Donnerstag in Untersuchungshaft genommen. Wie der Verein weiter bekannt gab, war der Spieler bereits in einen früheren Wettskandal verwickelt. Der Akteur habe damals auf Bitten eines asiatischen Wettbetrügers einen anderen Spieler gebeten, bewusst schlecht zu spielen. Der Spieler war daraufhin zu einer Geldstrafe von 8.400 Euro verurteilt worden. «Dieser Teil seiner Vergangenheit wurde bei seiner Verpflichtung offen diskutiert, mit dem Ergebnis ihm als Fußballer eine zweite Chance zu geben», hieß es in der Mitteiltung.