Handball-Bundesligist HSV Hamburg setzt in der angeblichen Manipulationsaffäre den Klassenrivalen THW Kiel und Handball-Funktionär Reiner Witte unter Druck.

Hamburg. Handball-Bundesligist HSV Hamburg setzt in der angeblichen Manipulationsaffäre den Klassenrivalen THW Kiel und Handball-Funktionär Reiner Witte unter Druck. In einer Presseerklärung, die am Montag in Hamburg verlesen wurde, forderte der HSV den deutschen Rekordmeister "zur rückhaltlosen Aufklärung der Vorwürfe" auf und verlangte von Witte, dass dieser sein Amt als Präsident der Handball-Bundesliga ruhen lässt. Witte habe öffentlich eingeräumt, "in dieser Angelegenheit befangen und mit Uwe Schwenker freundschaftlich verbunden zu sein", heißt es in der Erklärung. Zudem habe der HBL-Chef die Vorwürfe "offensichtlich vorschnell zu den Akten gelegt". Dies habe nur Anlass zu weiteren Spekulationen gegeben.

HSV-Präsident Andreas Rudolph erneuerte seine Aussage, bei einem Besuch auf seinem Anwesen auf Mallorca habe Schwenker im Sommer 2007 Schiedsrichterbestechung zugegeben. Schwenker soll gesagt haben: "Die Champions League werdet ihr nie gewinnen. Ihr braucht lange, um zu verstehen, dass dafür Schiedsrichter bestochen werden müssen." Die Worte seien knapp acht Wochen nach dem THW-Sieg in der Champions League im April 2007 gefallen. Damals hatten sich die Kieler im Finale gegen den Nordrivalen SG Flensburg-Handewitt durchgesetzt.

Die Kieler Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Schwenker wegen des Verdachts der Untreue und gegen den früheren THW-Coach Zvonimir Serdarusic wegen des Verdachts der Beihilfe zur Untreue. Beide bestreiten die Manipulationsvorwürfe.

Der ebenfalls bei der Mallorca-Runde anwesende Gerd Butzeck, Geschäftsführer der Group Club Handball (GCH), soll versucht haben, Schwenker in seinem Redefluss zu stoppen, sagte Rudolph. Den Zustand Schwenkers beschrieb er mit den Worten: "Nüchtern war er auf keinen Fall." Es seien bei dem Treffen mehrere Flaschen Rotwein getrunken worden.

Rudolph sei damals mit seinem Wissen nicht an die Öffentlichkeit gegangen, weil man dem HSV Neid hätte unterstellen können. "Ich gebe zu, dass mein Verhalten nicht das Richtige gewesen ist", meinte der Medizintechnik-Unternehmer. "Solange Uwe Schwenker nicht sagt, warum er diese Worte sagte, zweifel ich nicht an seiner Schuld."

Schwenker, so forderte der HSV in seiner Erklärung, solle jetzt auch seinen Job als THW-Manager ruhen lassen. Wenige Stunden zuvor hatte der Kieler Geschäftsführer den vorläufigen Verzicht auf seine Ehrenämter im nationalen wie internationalen Handball bekanntgegeben. Dabei geht es um das Amt als Vizepräsident der Handball-Bundesliga sowie um die Funktionen als Vizepräsident der Group Club Handball (GCH) und als Vorsitzender der EHF-Marketing-Kommission für die Champions League. Als Geschäftsführer des THW ist er aber weiterhin tätig. Das sollen nun die Gesellschafter des Kieler Vereins ändern.

Der THW reagierte am Montagabend mit einer Presseerklärung. Darin hieß es: "Der Aufforderung des HSV Hamburg an den THW Kiel und dessen Gremien, 'unbedingt ihren Beitrag zur rückhaltlosen Aufklärung der Vorwürfe zu leisten', hätte es nicht bedurft." Der Verein habe "die ihm bisher zugänglichen Erkenntnismöglichkeiten ausgeschöpft, ohne dass sich der Verdacht von Spielmanipulationen bestätigt hat". Weitergehende Aufklärung sei erst im Zuge der unmittelbar bevorstehenden Einsichtnahme in die staatsanwaltschaftliche Ermittlungsakte zu erwarten. "Vielleicht hätte auch der HSV Hamburg diesen Zeitpunkt abwarten sollen", hieß es in der Erklärung, die von den Rechtsanwälten Gerald Goecke und Stefan Purrucker unterzeichnet war.

Der HSV hat an alle Vereine der Bundesliga ein Schreiben versandt und darin um Unterstützung geworben. "Sowohl der deutsche als auch der internationale Handball darf sich nicht durch Medienberichte und daraus ergebende Spekulationen bestimmen lassen. Vielmehr müssen alle Verantwortlichen - Vereine, HBL und EHF - aktiv werden, um die Vorwürfe aufzuklären und Schritte zu notwendigen Strukturveränderungen einzuleiten, damit weiterer Schaden vom Handball abgewendet wird", heißt es.

Unterdessen hat auch die Staatsanwaltschaft Kroatiens eigene Ermittlungen in der Affäre aufgenommen. In den kommenden Tagen soll in Zagreb ein ehemaliger kroatischer Spielervermittler zu einem "informativen Gespräch" vorgeladen werden, sagte die Behörde. Dabei soll es sich um einen engen Freund des früheren THW-Trainers Zvonimir Serdarusic handeln. Der Geschäftsmann soll von den Kielern 92 000 Euro erhalten haben. Der THW steht im Verdacht, mit dem Geld Schiedsrichter vor dem Halbfinale und dem Finale der Champions League-Saison 2007 bestochen zu haben. Der Club und sein Manager Schwenker bestreiten die Vorwürfe.