Das Haus ist sehr beliebt bei Menschen, die ihre Hochzeit feiern.

Warum in die Ferne schweifen, das Schöne liegt so nah. Zum Beispiel in Aumühle das Hotel-Restaurant "Waldesruh am See". Im Eingang schwimmen Karpfen und Forellen in einem Bassin. In der kleinen Lobby mit bescheidenem Empfangstresen fällt gleich der wuchtige, aufwendig gestaltete Holzstuhl auf. Die Inschrift weist auf den Besitz der Familie Bismarck hin: "Dem Begründer des Deutschen Reiches, dem großen Kanzler Fürst Bismarck." Der Stuhl war ein Geschenk aus dem Elsaß.

Im angrenzenden "Schwedenzimmer" mit seinen antiken Empire-Stühlen finden die Vorbesprechungen für Hochzeiten und andere Feiern statt. Der kleine Sekretär ist übersät mit Danksagungen von Brautpaaren, die hier ihren "schönsten Tag des Lebens" begingen.

Besonders schön ist der große Festsaal, der wie ein arabisches Zelt anmutet: "Wohl einmalig in Deutschland", meint Kathrin Götz. An der Wand hängen ihre Hotel- und Küchenmeisterbriefe neben denen ihres Mannes, Erik Gehl. Beide leiten das Haus, aber auch die Eltern von Kathrin Götz sind hier noch tätig. Das Haus ist echter Familienbetrieb - und hat eine lange Geschichte.

Bereits 1737 wurde das Anwesen erstmals urkundlich als Haus mit Schankrecht erwähnt. Es durften "Gäste und Pferde" beherbergt werden. Der malerische, damals reetgedeckte Gasthof wurde 1763 vom Grafen Friedrich zur Lippe erworben, der ihn zu seinem privatem Jagdschloß machte. Den Namen "Waldesruh" erhielt das Haus 1894, zwei Jahre später ging es in den Besitz des Fürsten Otto von Bismarck über. Als es 1911 abbrannte, löschte ein mutiger Kellner das Feuer - und erhielt zum Dank von der Versicherung einen neuen Frack.

Nach dem Zweiten Weltkrieg macht sich die Fürstin Ann-Mari von Bismarck daran, Gasträume und Hotelzimmer liebevoll mit antiken Möbeln aus aller Welt einzurichten, darunter auch Stühle von dem alten Passagierschiff "Hanseatic". Seit 1969 steht das Haus unter der Leitung der Familie Götz, seit 1997 sind die Tochter und der Schwiegersohn dabei, dem Gast einen angenehmen Aufenthalt zu bieten. Das sympathische Paar beherrscht sein Metier perfekt. Kathrin Götz kümmert sich mit ihrer Crew um die Bedienung der Gäste, Erik Gehl ist für das leibliche Wohl zuständig.

Gegen Abend zieht gut riechender Duft durchs Haus und lockt in die Jagdstube, wo sich das Restaurant befindet. Dieser Raum ist in dunklem Kaminrot gehalten und mit dazu passendem, karierten Teppich ausgelegt. Das Feuer im Kamin wärmt im Winter Leib und Seele auf.

Zahlreiche Geweihe an den Wänden zeugen von der Jagd im benachbarten Sachsenwald. So steht auch traditionell Wild und Geflügel als Spezialität ganz oben auf der Karte. Und beim Fisch darf selbstverständlich auch der Bismarck-Hering nicht fehlen, der hier nach überliefertem Rezept zubereitet wird.

Erik Gehl bietet eine große Küche zu zivilen Preisen. Das Drei-Gänge-Menü der Woche kostet 28,90 Euro, mit einem Gang mehr 33,60 Euro. Für Kinder gibt es alles zum halben Preis. Eine überschaubare Weinkarte mit deutschen, französischen und spanischen Produkten rundet das Angebot ab. Auf eine "produktbetonte Küche" legt Erik Gehl großen Wert, er will "schnörkelfrei, ohne viel Veränderung so perfekt wie möglich die Speisen zubereiten, wobei auf überflüssige Aromen verzichtet wird".

Zur Ruhe betten kann sich der Gast in einem der zwölf Zimmer, die alle individuell mit antikem Mobiliar ausgestattet sind. Es liegen auf einer kunstvoll gefalteten Serviette Obst und Frandise (Orangenbiscuits) bereit - ein köstliches Betthupferl.

Und was macht man am Tag? Im Umkreis von zehn Kilometern gibt es vier Golfplätze, der Natursee lädt an warmen Tagen zum Baden ein. Oder man dreht eine Runde auf der Draisine beim Eisenbahnmuseum Lokschuppen, besucht den Schmetterlingsgarten oder spaziert zu den historischen Stätten der Familie Bismarck mit dem Museum. Zum Erlebnis werden kann ein Barbeque auf der Terrasse am See. Lohnend ist auch ein Blick aufs Programm im "arabischen Zelt": Dort gibt es Lesungen, Shanty Chor, Solisten in klassischer Musik oder Comedians.

So kann man dem Spruch zustimmen, der in der Stube steht: "Ein glücklich Los fällt Jenem zu, der ferne vom Gewühl der Stadt, im Schatten der Eichen von Waldesruh, den rechten Durst gefunden hat."