Unternehmen aus dem Kartell, darunter die Firma von SPD-Ratsherr Ralf Henning, erhalten keine Aufträge mehr von Landkreis und Stadt Stade.

Stade/Buxtehude. Die sieben Tiefbaufirmen im Landkreis Stade, gegen die die Staatsanwaltschaft Verden wegen illegaler Preisabsprachen ermittelt, müssen sich auf schwierige Zeiten einstellen. Ihre Hauptauftraggeber, die Kommunen, haben auf den Bauskandal reagiert und ihre Ausschreibungsverfahren verändert. Einige Verwaltungen wollen die beschuldigten Firmen nicht mehr mit Straßen- oder Kanalbaumaßnahmen beauftragen. Andere Kommunen sehen das Baukartell hingegen gelassen, obwohl die verdächtigten Firmen für sie gearbeitet haben.

Grund für einige geänderte Ausschreibungsverfahren ist der Verdacht der Staatsanwaltschaft, nach dem sieben Unternehmen aus dem Kreis Stade bei 17 Ausschreibungsverfahren der öffentlichen Hand sowie privater Bauherren Absprachen über die Höhe der anzubietenden Preise getroffen und damit den Ausgang von Ausschreibungsverfahren rechtswidrig beeinflusst zu haben (das Abendblatt berichtete). Die Unternehmen, darunter die Firma des ehemaligen Stader SPD-Ratsherrn Ralf Henning, hätten sich im Vorfeld geeinigt, welche Firma den Auftrag zu welchen Bedingungen erhalten soll. Konsequenz: Die Angebote fielen deutlich höher aus, als es bei ordentlichen Ausschreibung der Fall wäre. Dem kam die Staatsanwaltschaft auf die Schliche und ließ im April 30 norddeutsche Betriebe und Verwaltungen durchsuchen.

Die Samtgemeinde Horneburg sieht dennoch keinen Handlungsbedarf, so Hans-Jörg Allenberg, stellvertretender Verwaltungschef: "Wir haben weiterhin Vertrauen in die Firmen und ändern nichts bei den Ausschreibungen." Dabei wird derzeit auch gegen eine Horneburger Tiefbaufirma ermittelt, die für die Samtgemeinde gearbeitet hat. Dennoch werde der Betrieb künftig beauftragt werden, so Hans-Jörg Allenberg.

Die Stadt Stade geht hart vor. Die Verwaltung schließt bis zu zehn Baufirmen von beschränkten Ausschreibungen aus, so Bürgermeister Andreas Rieckhof. Bei öffentlichen Ausschreibungen, an denen sich alle Betriebe beteiligen können, müssen Stellungnahmen abgegeben werden, bevor die Verdächtigen ein Angebot abgeben dürfen. Die Stadt ist besonders vom Bauskandal betroffen, weil gegen einen Mitarbeiter des Tiefbauamtes wegen der Weitergabe von Dienstgeheimnissen ermittelt wird. Daher forderte Rieckhof bereits im Sommer die Ermittlungsakten bei der Staatanwaltschaft an und zog aus den Informationen die strikten Konsequenzen.

Dieses Vorgehen kritisiert Jens Hadler, stellvertretender Fachbereichsleiter Bauwesen bei der Samtgemeinde Fredenbeck. "Firmen grundsätzlich auszuschließen, wie es Stade macht, ist falsch." Schließlich stünden hinter den Firmen Arbeitsplätze, die dadurch gefährdet werden. Menschen seien in Lohn und Brot, die Fehler hätten die Geschäftsführer gemacht.

Der Landkreis Stade hingegen geht ähnlich wie die Stadt Stade vor, obwohl die Verwaltung laut Kreisdirektor Lothar Giesler nicht von illegalen Preisabsprachen betroffen sei. Firmen, die sich an Ausschreibungen beteiligen wollen, müssen jetzt eine schriftliche Erklärung abgeben. "Die Unternehmen müssen versichern, dass ihnen kein strafrechtliches Verfahren anhängend ist", sagt Giesler. Das heißt im Klartext: Die Betriebe, gegen die die Staatsanwaltschaft Verden ermittelt, werden bei der Kreisverwaltung ausgeschlossen.

So könnte auch die Stadt Buxtehude vorgehen. Doch die Verwaltung schließt bei Tiefbaumaßnahmen keine Anbieter aus. "Wir sind im Gegensatz zu Stade nicht verfahrensbeteiligt und haben daher keinen Zugang zu Informationen", so Bürgermeister Jürgen Badur. Allerdings würden seine Mitarbeiter Ausschreibungen und Auftragsvergaben noch genauer prüfen.

Genauer hinschauen ist auch die Maxime in Drochtersen. Das ist angesichts der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft auch angebracht, denn gegen einen Amtsmitarbeiter wird wegen der Weitergabe von Dienstgeheimnissen ermittelt. Bürgermeister Hans-Wilhelm Bösch will zunächst das Ermittlungsergebnis abwarten, bis er mögliche Disziplinarmaßnahmen einleitet. Aktiv wurde er bereits bei Ausschreibungen: "Die involvierten Firmen werden nicht berücksichtigt."