Niedersachsens Zustimmung zur Elbvertiefung sorgt für Ärger unter Landwirten und Umweltschützern im Alten Land.

Jork/Steinkirchen. Niedersachsens Zustimmung zur Elbvertiefung lässt im Alten Land die Wellen der Enttäuschung hochschlagen. Der aus ihrer Sicht massive Eingriff in die Lebensader, die überhaupt erst Voraussetzungen für erfolgreichen Obstanbau gegeben hat, wird von Obstbauern, Natur- und Umweltschützern, Kommunalpolitikern und Bürgern weiter abgelehnt.

Sie fürchten Nachteile, wenn der Salzgehalt der Elbe durch die Fahrrinnenanpassung steigt, haben Sorge, dass ihnen die Süßwasserversorgung für die Beregnung der Obstbauanlagen sprichwörtlich abgegraben wird. Zudem sehen sie die Deichsicherheit gefährdet.

Obstbauer Gerd Beckmann aus der 1. Meile des Alten Landes teilt diese Ablehnung nicht uneingeschränkt. Als Vorsteher des Wasserbereitstellungsverbandes Niederelbe hat er am Dienstag in Hannover eine Vereinbarung zwischen Obstbauern im Alten Land, Hamburg sowie der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord unterzeichnet. Für die Region Kehdingen und für das Alte Land seien Wege gefunden worden, negative Beeinträchtigungen der Betriebe durch eine Elbvertiefung jetzt und für die Zukunft auszuschließen beziehungsweise auszugleichen.

"Wir Obstbauern können nicht um jeden Preis nein sagen, wenn Hamburg argumentiert, dass die Elbvertiefung gebraucht wird", sagt Beckmann. "Aber wir können sagen, dass wir keine Nachteile wollen. Wir haben auf sachlicher Ebene alle Aspekte abgearbeitet." Mit dem Vertrag sieht er die Beregnungsmöglichkeiten für den Altländer Obstbau gesichert. Und er ärgert sich darüber, dass "die Bürgermeister es schlimm reden". Allen voran der Jorker Bürgermeister. "Die Jorker haben sich erst vor drei Wochen um Gutachten und fundierte Widersprüche gekümmert."

Die Region wird nach dem erwarteten Salzgehalt in Zonen eingeteilt

Um die Beregnung für Landwirtschaft und Obstbau zu sichern, wurde die Region nach dem zu erwartenden Salzgehalt des Flusses in Zonen aufgeteilt, danach richtet sich die Finanzierung von Stauraum für Wasser.

Von der Elbmündung bis Wischhafen geht demnach die 100-Prozent-Zone, von Wischhafen bis Drochtersen die 50-Prozent-Zone. Da von Drochtersen bis zur Lühe eine geringere Salinität, das ist der Salzgehalt, des Flusses festzustellen ist, werden in dieser Zone vorsorglich 25-Prozent-Reservebecken gebaut. Dies bedeutet Wasservorräte für eine Beregungsnacht zusätzlich, erklärt Beckmann das Prinzip.

In Lühe werde derzeit ein Salzgehalt von 0,22 Gramm pro Liter Wasser gemessen. Erst bei 0,5 Gramm Salz pro Liter Wasser liege die Grenze für den Obstbau. Obstbauern und Landwirte müssten auf ihren Anbauflächen für genügend Wasserspeicherkapazität Platz schaffen, unter Umständen dafür Obstbäume roden.

Der Jorker Obstbauer und FDP-Ratspolitiker Peter Rolker kritisiert, dass Beckmann "mit dieser schnellen Vertragsunterzeichnung die Geschlossenheit der Obstbauern in der Region unterwandert habe. Vermutlich seien die Pläne zur Elbvertiefung schon vor Jahren vom damaligen Ministerpräsident Christian Wulff abgesegnet worden.

"Die Einvernehmensprüfung in Hannover war nicht ergebnisoffen", sagt Rolker, "als Verkehrsminister Ramsauer untersagte, die Planungsunterlagen offenzulegen, hätte der Landtag in Hannover einschreiten müssen." Zwar sei anzuerkennen, dass Beckmann für die Obstbauern ausgehandelt habe, was möglich war, aber langfristige Sicherheit vor einer Ausweitung der Brackwasserzone stromauf gebe es damit nicht, sagt Rolker.

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Dem pflichtet der Jorker Obstbauer und Kreistagsabgeordnete der Freien Wählergemeinschaft Gerd Lefers bei. "Nach dem was unser Ministerpräsident bei den Obstbautagen zugesichert hat, fühlen wir uns von dem Kaspertheater und Geldvernichtung veräppelt." "Sorgfalt vor Eile" hatte Ministerpräsident David McAllister (CDU) im Februar noch zugesichert. Lefers nennt das Verfahren undemokratisch, die Planungsunterlagen seien wie eine Geheimsache der Öffentlichkeit vorenthalten worden.

Seit Generationen habe man für den Obstbau das Wasser aus dem Fluss bezogen, nun sei dieses Urrecht beschnitten, sagt Obstbauer Hartwig Quast aus Jork. "Rund 400 Kubikmeter Wasser benötigen wir in einer Frostnacht pro Hektar, um die Blüten vor Frostschäden zu schützen. Das sind auf die Gesamtfläche des Alten Landes von etwa 6000 Hektar berechnet erhebliche Mengen, die zum richtigen Zeitpunkt stets zur Verfügung stehen müssen."