Starker Auftritt: Die Frau von Ernst August sagt in Hildesheim für ihren Mann aus. Rechtfertigen wollte sie die Attacke des Prinzen allerdings nicht.

Hildesheim. Die Prinzessin blickt zu Boden. Oder zur Seite. Bloß nicht in die Augen der wartenden Zuschauer und auf keinen Fall in die Kameras der Fotografen. Bodyguards schirmen sie ab, geleiten sie durch den Gefangenen-Eingang ins Gericht. Prinzessin Caroline aus dem Fürstentum Monaco, verheiratet mit Ernst August Prinz von Hannover, soll im Prozess gegen ihren Mann als Zeugin vernommen werden.

Das Gesicht versteckt hinter einen dicken braunen Hornbrille und ihrem langen Haar, nimmt Prinzessin Caroline im Schwurgerichtssaal des Hildesheimer Landgerichts sofort auf dem Zeugenstuhl Platz.

Vom Vorsitzenden Richter Andreas Schlüter belehrt über ihre Pflicht, die Wahrheit zu sagen, bricht sie eine Lanze für ihren Ehemann Ernst August von Hannover - ungeachtet der aktuellen Bilder über dessen Badeurlaub mit einer anderen Frau in Thailand. Tagelang war spekuliert worden, ob sie tatsächlich noch kommen würde. Jetzt ist sie da.

Detailreich und unaufgeregt schildert die 52-jährige Monegassin ihre Version der Ereignisse vom 14. Januar 2000 - also heute vor zehn Jahren - an einem Strand auf der kenianischen Ferieninsel Lamu. Es geht um eine Attacke des Prinzen auf einen Disco-Besitzer. Zwei Ohrfeigen seien es gewesen, die ihr Mann dem deutschstämmigen Disco-Besitzer Josef Brunlehner (Spitzname: "Mombasa Joe") verpasst habe - nicht mehr und nicht weniger. "One for the music and one for the light", habe ihr Gatte gesagt - eine Backpfeife für die Musik und eine fürs Licht. Denn Ernst August und Caroline, aber auch viele andere Urlauber seien genervt gewesen von der Dauerbeschallung aus der Disco Brunlehners, die sie in ihrer Urlaubsruhe störte. "Die Nerven lagen blank bei vielen Leuten, wir waren durch die permanente Musik und das Laserlicht alle sehr genervt", sagt Caroline.

Ausdrücklich betont die Adlige, dass ihr Mann nicht mit einem Gegenstand, sondern mit der bloßen Hand zuschlug. "Das hätte ich gesehen, wenn er einen Stock oder irgendwas in der Hand gehabt hätte", sagt die Prinzessin. "Absurd" nennt sie Spekulationen über einen Schlagring. So was besitze ihr Mann gar nicht. Das seien "keine sehr starken Schläge gewesen, sondern eher symbolische: Ich habe schon Kinder erlebt, die sich härter geprügelt haben."

"Und war ihr Mann nun betrunken oder nicht?", fragt der Richter. "Ich würde nicht sagen, dass er alkoholisiert war. Wir hatten Drinks vor dem Dinner und etwas Wein beim Abendessen." Caroline beobachtete die Attacke damals von einer nahe gelegenen Hotelterrasse aus. Warum griff sie nicht ein? "Das ging alles so schnell", erklärt Caroline, sie habe aber einem Strandjungen gesagt: "Geh hin und sag, er soll zurückkommen."

Caroline betont, sie wolle die Tat nicht entschuldigen. "Ich möchte die Handlung meines Ehemannes nicht rechtfertigen. Man sollte auch nicht mit übermäßiger Geschwindigkeit über die Autobahn fahren, aber es passiert halt", sagt sie und verpasst damit ihrem Ehemann einen Seitenhieb, denn durch Raserei ist der Prinz ebenfalls schon aufgefallen. "Manchmal ist es nicht so einfach, sich so zu benehmen, wie man sollte." Ob ihr Mann schnell aufbrausend sei, will Staatsanwalt Nico Elster wissen. "Ja, er hat ein ziemliches Temperament." Und das Opfer? "Mein Mann hat ihm noch ein paar Sachen nachgerufen, die nicht so geeignet sind, um vor einem Gericht zitiert zu werden."

Das alles passt nahtlos zur Aussage des Prinzen und überhaupt nicht zu den Einlassungen des Opfers Brunlehner, dem das Landgericht Hannover 2004 noch bestätigte, dass er vom alkoholisierten Chef des Welfenhauses krankenhausreif geprügelt worden sei. Das hörte sich vor sechs Jahren noch ganz anders an. Da war von einer rüden Attacke des Prinzen die Rede. Und es gab ein merkwürdiges Geständnis. Ernst Augusts früherer Verteidiger hatte im ersten Verfahren behauptet, der Angeklagte könne nicht ausschließen, mit einem Gegenstand zugeschlagen zu haben, und sei bei der Attacke betrunken gewesen. Der Anwalt erreichte mit diesem nicht autorisierten Geständnis zwar, dass die Staatsanwaltschaft andere Verfahren gegen den Prinzen einstellte, der Jurist zog sich damit aber den Zorn seines Mandanten zu. Sie habe damals gedacht, der Anwalt sei verrückt geworden, sagt Caroline jetzt dazu vor Gericht.

Das "Geständnis" bescherte dem Welfenprinzen eine Geldstrafe von 445 000 Euro. Damit gilt Ernst August als vorbestraft - und deshalb kämpfte er jahrelang um eine Wiederaufnahme des Verfahrens.

Zum Schluss der Vernehmung geht's ums Geld der Adligen. Bislang haben die Gerichte das Einkommen des Prinzen für die Ermittlung von Geldstrafen schätzen müssen. Staatsanwalt Elster möchte aber genau wissen, was denn die Prinzessin über die Vermögenslage ihres Gatten weiß. Die wehrt das mit leichter Hand ab: "Es tut mir leid, da habe ich keine Kenntnisse." Und dann fügt sie leicht ironisch hinzu: "Ich habe aber meine eigenen Einkünfte."

Die wiederum können so schlecht nicht sein: Auf die Frage des Vorsitzenden Richters nach Reisekosten oder Einkommensausfall durch die Zeugenaussage im kalten Hildesheim winkt die Prinzessin ab und verzichtet. Wieder umringt von Bodyguards verlässt Caroline den Gerichtssaal.

Richter Schlüter empfiehlt allen Prozessbeteiligten, das Ergebnis der Zeugenvernehmung bis zum nächsten Prozesstag 28. Januar "sacken zu lassen". Denkbar, dass er dann auf seinen Vorschlag vom ersten Prozesstag im Juni vergangenen Jahres zurückkommt, das Verfahren gegen eine Geldzahlung einzustellen.