“Kein anderer Ort in unserem Kreis hatte einen so bedeutenden Stellenwert für den Handel im Ostseeraum“, sagt Rolf Twesten.

Artlenburg. An diesem Wochenende, Sonnabend und Sonntag, feiert Artlenburg ein Jubiläum der besonderen Art: 850 Jahre Artlenburger Privileg, das als Ursprung der Hanse gilt. "Kein anderer Ort in unserem Kreis hatte einen so bedeutenden Stellenwert für den Handel im Ostseeraum", sagt Bürgermeister Rolf Twesten. "Darauf sind wir stolz und werden dieses wichtige Ereignis mit einem großen Festwochenende im mittelalterlichen Stil gebührend feiern."

1161 von Heinrich dem Löwen auf der Ertheneburg am Artlenburger Elbufer erlassen, gab das Privileg den Städten Visby (Schweden) und Lübeck besondere Handelsrechte. Dieser auf den Weg gebrachte Vertrag zwischen niederdeutschen und gotländischen Kaufleuten stellte die Grundlage für weitere Handelsabkommen dar, aus denen die Hanse letztlich hervorging.

Vor drei Jahren war das Privileg für die Artlenburger noch ein unbekanntes Stück Geschichte. Seinerzeit zog es die Mediziner Peter Hoffmann und Bernd Schockenhoff an die Elbe. Sie tauchten in die Geschichte des Ortes ein, stießen dabei auf das "Artlenburger Privileg" aus dem Jahr 1161 und erkannten dessen herausragende Bedeutung. Von ihrer Begeisterung ließen sich andere Alt- und Neu-Artlenburger anstecken und gründeten, initiiert von Peter Thiele, den Arbeitskreis Geschichte.

Mittelfristiges Ziel wurde rasch die Organisation einer Jubiläumsfeier, zumal Thiele und die Artlenburger Malerin Susanne Hartmann ihrem Bürgermeister in den Ohren lagen und forderten, mehr aus der Geschichte des Ortes zu machen. Ein "na dann macht mal was" ihres Bürgermeisters war Thiele und Hartmann Aufforderung genug, um sofort loszulegen. Rückblickend resümiert Susanne Hartmann: "Das Urübel waren wir beide, weil wir stets gemeckert haben."

Es begann mit der Gründung eines Festausschusses im Januar dieses Jahres. Mitglieder sind Gemeinderatsmitglieder einschließlich des Bürgermeisters, Gärtnermeister Hermann Burmester, dessen Familie seit mindestens fünf Generationen im Ort ansässig ist, Peter Hoffmann, Hartmann und Thiele. "Jeder macht das, was er kann", so Thiele. So ließ sich Susanne Hartmann zum Beispiel mit ihrer charmanten und hartnäckigen Art in keinem Vorzimmer abwimmeln lassen.

"Kein Jubiläum kann auf wichtige Gäste verzichten ", so Hartmann. Spontan dachte man in Artlenburg an den Bundespräsidenten und Vertreter des schwedischen Königshauses. Fluchs ließ man die Einlandung an das Königshaus übersetzen. Eine Kalligrafin malte den Text in kunstvollen Lettern auf eine Schriftrolle, die dann per Post nach Stockholm versand wurde.

Einfacher gestaltete sich da schon das Schreiben an den Bundespräsidenten. Lange wartete man in Artlenburg auf Nachrichten aus dem Drei-Kronen-Königshaus und der Bundeshauptstadt. Aus Berlin folgte Monate später eine Absage - und auch die Antwort des Königshauses fiel negativ aus.

"Wir waren anfangs so naiv und haben unsere Briefe in irgendwelche Vorzimmer geschickt, die dort verschwunden sind. Mittlerweile sind wir weiter", kommentiert Hartmann die Enttäuschungen. Weiter half ein Gespräch mit dem CDU-Bundestagsabgeordneten Eckhard Pols. Er war begeistert von der Jubiläums-Idee und bot seine Unterstützung an. Auch Pols Berliner Büroleiter Hans-Peter Lampen stieg ein.

"Er ist Historiker und hat uns wunderbar geholfen", schwärmen Thiele und Hartmann. Lampens schlug vor, eine Festschrift mit verschiedenen Grußworten zu erstellen. Unerlässlich sei es zudem, das Fest unter die Schirmherrschaft einer bekannten Persönlichkeit zu stellen.

"Es ist jetzt David McAllister, der die Schirmherrschaft übernommen hat. Die Grußworte in der Festschrift stammen von Ministerpräsident McAllister, Landrat Nahrstedt, Samtgemeindebürgermeister Karl Tödter und - jawohl - Außenminister Guido Westerwelle", so der 57-jährige Landschaftsgärtner Thiele.

Des Weiteren füllen interessante Artikel über die Artlenburger Historie die Festschrift. Mit Schirmherr und Festschrift ließen sich auch Sponsoren locken. Immerhin kostet die Gemeinde das Jubiläum 28 000 Euro. Bei dem Preis dürfen Besucher ein besonderes Programm erwarten. "Wir wollen einen authentischen Mittelaltermarkt und keine Bierbuden wie auf dem Rummel," sagt Susanne Hartmann.

Doch allein der hohe Anspruch ließ das Artlenburger Team früh an seine Grenzen stoßen. So wurde die Planung in die Hände einer professionelle Firma gelegt. Dennoch hat sich der Festausschuss die wichtigsten Entscheidungen nicht aus der Hand nehmen lassen und begleitet die Planungen stets mit Argusaugen. Für fünf Euro Eintritt auf dem Festplatz an der Elbe lockt nun ein üppiges Programm mit Rittern und Feuerspuckern, Märchenerzählerin und Spinnerinnen, Mäusezirkus und viel Musik. Die rund 70 Punkte umfassende To-do-Liste ist jetzt fast abgearbeitet und Peter Thiele wie auch Susanne Hartmann haben seit Beginn der Planung jeweils mindestens 600 Stunden dem Projekt gewidmet.

Was jetzt noch zu tun ist? "Wasser und Strom auf dem Festgelände anschließen, Toilettenhäuschen aufstellen, einen Parkplatz für Behinderte einrichten sowie verschiedene Genehmigungen einholen. Heute wird zudem ein Schiffsanleger aus Hohnstorf im gegenüberliegenden Schnakenbek befestigt", sagt Peter Thiele.

Der Ort gehörte einst zu Artlenburg und feiert das Jubiläum ebenfalls mit einem Markt. Damit die Elbe von den Gästen überquert werden kann, wird ein nachbarschaftlicher Fährverkehr organisiert.