Der Artlenburger Verband erwartet normales Hochwasser an der Elbe. Höchststand Ende kommender Woche - die Lage ist entspannt.

Artlenburg. Nach den sintflutartigen Regenfällen am Oberlauf der Elbe und dem daraus folgenden sprunghaften Anstieg der dortigen Pegel rollt nun eine Hochwasserwelle auf den Landkreis Lüneburg zu. Norbert Thiemann, Geschäftsführer des Artlenburger Deichverbandes, rechnet mit dem höchsten Wasserstand Ende der kommenden Woche. Dennoch beobachtet er die Entwicklung entspannt. "Unsere Deiche werden halten", sagt er.

Die Situation zurzeit erinnere ihn sehr an die dramatischen Ereignisse der Jahrhundertflut im Sommer 2002. Und auch wenn der Anstieg am Pegel in Dresden am vergangenen Wochenende von 2,15 Meter auf 5,64 enorm gewesen sei, so befürchtet er keine Besorgnis erregende Situation an der Elbe im Landkreis Lüneburg. "Wir erwarten nach derzeitigem Stand ein normales Hochwasser, das keine Deichverteidigung erfordert", sagt Thiemann. Nach den bisherigen Berechnungen werde für den Pegel in Neu Darchau ein Wasserstand von etwa vier Metern für den kommenden Freitag vorhergesagt. Für Bleckede prognostizierten die Experten des Niedersächsischen Landesbetriebes für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) 9,40 Meter und für Hohnstorf sieben Meter. "Damit würden wir deutlich unter den Höchstwerten bleiben, die vor acht Jahren in Bleckede bei 11,25 Meter und in Hohnstorf bei 8,70 Meter lagen." Sollte es doch heftiger kommen, als es sich jetzt abzeichnet, wäre trotzdem genug Zeit, um Schutzmaßnahmen vorzubereiten. "Wir haben einen Vorlauf von sieben Tagen, bis der Scheitelpunkt bei uns ist." Die Frist begann gestern.

Dass offenbar keine neue Jahrhundertflut die Elbe herabrollt, macht Thiemann an den veränderten Rahmenbedingungen im Vergleich zu 2002 fest. "Als der Starkregen damals den Pegel in Dresden plötzlich und sehr stark anschwellen ließ, war der Wasserstand dort bereits 3,80 Meter höher als er es am vorigen Wochenende war." In etwa gleich wie vor acht Jahren seien die Wassermengen, die aktuell aus den Nebenflüssen Havel und Saale in die Elbe drücken, so Thiemann. Aber auch das sei kein Grund, nervös zu werden.

"Die Situation ist anders. Denn 2002 wurden die Havelpolder in Brandenburg erst nach einigem Zögern geflutet, um Druck aus der Elbe zu nehmen. Inzwischen ist die Rechtslage anders. Die Polder müssen sofort geflutet werden." Überdies seien seither viele Millionen Euro in den Hochwasserschutz an der Elbe geflossen. Davon hat auch der Landkreis Lüneburg profitiert, bereits geplante Vorhaben konnten zügiger über die Bühne gehen. Thiemann: "Deshalb gibt es bei uns keine Stellen, an denen es noch kribbelig werden könnte. Wir leben sicherer hinter den Deichen als noch 2002." So sei der Deich in Artlenburg neu. Bei der Jahrhundertflut im Sommer vor acht Jahren war er eine der größten Schwachstellen. Auch in Hohnstorf wurde der Damm modernisiert.

"Und in Amt Neuhaus ist auf einer Länge von 46 Kilometern alter DDR-Deich neu gebaut, auf den neuesten Stand der Technik gebracht worden." In den Orten der rechtselbischen Gemeinde war die Lage 2002 am schlimmsten. Es drohte eine Katastrophe, weil die alten Deiche dem Hochwasser nur mit Mühe standhielten. In Neu Garge war es sogar so bedrohlich, dass der alte Wall zeitweilig ins Rutschen geriet. Vieles spreche dafür, so Thiemann, dass sich das Hochwasser nicht zu heftig auflaufen werde. "Die Hochwasserspitze wird länger bleiben, aber sie wird nicht so hoch sein. Das ist gut für uns." Zumal die Voraussetzungen an den Deichen besser kaum sein könnten. "Sie sind knüppeltrocken und können deshalb einiges an Wasser vertragen."

Wie sich jedoch die Lage kurzfristig weiter entwickelt, stehe erst in zwei Tagen fest. Sie seien entscheidend. "Dann sind wir schlauer, weil wir wissen, was die von den Meteorologen vorhergesagte weitere Niederschlagsfront am Oberlauf für Auswirkungen auf das Hochwasser der Elbe hat", sagt der Geschäftsführer des Artlenburger Deichverbandes. Bis dahin werde er weiter entspannt abwarten, so Thiemann.

Auch beim Landkreis Lüneburg als zuständige Katastrophenschutzbehörde bei einem Hochwasser an der Elbe ist die Lage ruhig. Das sagt Sprecher Harald Fichtner. "Wir beobachten die Entwicklung anhand der aktuellen Messwerte und Prognosen, die uns das NLWKN liefert." Sollte sich die Situation zuspitzen, reiche der zeitliche Vorlauf von einer Woche aus, um rechtzeitig Schutzmaßnahmen in die Wege zu leiten, sagt er: "Deshalb werden zurzeit auch keine Sandsäcke gefüllt."