Der Scheitelpunkt des Elbe-Hochwassers wird für Mitte der Woche in der Region erwartet. Ein Besuch bei zwei Deichläufern in Hohnstorf.

Hohnstorf. Noch hat das Hochwasser an der Elbe bei Hohnstorf nicht den Scheitelpunkt erreicht. 8,10 Meter zeigt der umspülte Pegel in Höhe der Gaststätte des Restaurants Hohnstorfer Fährhaus. Gegen 9 Uhr sind die Deichläufer Arthur Vick und Frank Morawe zur ersten Tour des Deichwartdienstes aufgebrochen.

Die freiwilligen Wachen laufen in Richtung Artlenburg bis zur Gemeindegrenze, einer Hochspannungsleitung über die Elbe. Vier Stunden dauert ihr Einsatz, dann werden sie abgelöst. Sie haben die Binnen- und Außenseite des Deiches zu beobachten und ihre Beobachtungen per Handy zu melden. Bisher allerdings besteht keinerlei Gefahr, denn die Deichhöhe in Hohnstorf beträgt 10,50 Meter. Laut Aussage des Artlenburger Deichverbandes wird ein ähnlicher Wasserstand wie 2006 erwartet. Das bedeutet, dass bis zur Deichkrone bei 10,50 Meter ein ausreichendes sogenanntes Freibord von 1,40 Meter bleiben wird.

Um jederzeit sichtbar zu sein, tragen die Hohnstorfer Deichläufer neongelbe Westen mit der gut sichtbaren Aufschrift "Deichschutz". Ausgestattet sind sie mit einem Handy und einer Taschenlampe. "Vor rund 80 Jahren hatte jeder Deichläufer einen Spaten bei sich. Festgebunden auf dem Rücken", sagt Werner Grimme, Deichgeschworener aus dem benachbarten Sassendorf. An diesem Morgen hat er sich gemeinsam mit dem Hohnstorfer Kollegen Hagen Krebsbach im auf dem Deich liegenden Gemeindebüro eingefunden. Krebsbach geht los, um neue Deichläufer für die Deichwart zu rekrutieren. Voraussichtlich bis mindestens Sonntag werden die Deiche im Landkreis rund um die Uhr bewacht. "Die Deichwartpflicht gilt für jeden Grundbesitzer im Dorf. So ist es Niedersächsischen Deichgesetz festgelegt." Tragischerweise verfüge ich über keine gesetzliche Vollmacht und will natürlich auch niemanden zwingen." Tatsächlich wird es immer schwieriger Deichläufer für den Deichwart zu begeistern. Berufspendler stehen während der Woche überhaupt nicht zur Verfügung.

Anders bei den Deichläufern Vick und Morawe. Beide haben Erfahrung mit Hochwasser. Der 39-jährige Morawe gehört der Freiwilligen Feuerwehr an und hat beim Hochwasser 2006 Sandsäcke geschleppt. Vick, 66 Jahre alt, ist Rentner und kennt den siebeneinhalb Kilometer langen Kontrollgang auf dem Deich. Den beiden macht das Laufen Spaß. Dicke blaue Jacken schützen sie vor dem kalten Wind auf der Deichkrone. "Viel wichtiger ist, dass es nicht regnet", sagt Vick. Vorgesehen ist, dass einer der beiden auf der Deichkrone läuft und die wasserseitige Böschung sowie die Krone kontrolliert. Die zweite Person wandert entlang des landseitigen Böschungsfußes und überprüft den Zustand des Deiches einschließlich des angrenzenden Geländes.

"Sollten wir oberflächliche Schäden oder Veränderungen am Deich feststellen, dann müssen wir dies umgehen dem Deichgeschworenen melden", so Frank Morawe. Per Handy geben die Deichläufer durch, wann an welchem Deich-Kilometer und was erkannt worden ist; ob Wundstellen und Ausrisse in der Grasnarbe, Ausspülungen oder Ausschürfungen. Meldungspflichtig sind ebenfalls Austritte von Sickerwasser entlang des Außendeichs.

Schäden entdecken die Männer auf ihrer Tour keine und Angst vor dem Hochwasser haben sie auch nicht. "Unsere Deiche sind 10,45 Meter hoch. Da ist noch Platz", sagt Arthur Vick. Ihr Job war an diesem Vormittag keine aufregender. Und obwohl unverzichtbar für die Deichsicherheit, erhalten sie wie ihre Kollegen oftmals nichts, außer einem warmen Händedruck. Entlohnt werden sie mit einem guten Gefühl und einigen Stunden frischer Luft.

Am Fischerzug jedoch, wo einige wenige Hohnstorfer seit Generationen Häuser im Elbvorland bewohnen, steigt das Wasser bis vor die Haustür. Kähne liegen vor den Türen bereit, die dann genutzt werden, wenn die selbst errichteten Stege hinauf zur trockenen Deichkrone, überspült sind.

Auch Fischer Erich Panz, 77, lebt im Fischzug. Wieder einmal versuchen er und sein Sohn Eckhard mit Sandsäcken das 60 Jahre alte Haus vor dem nahenden Wasser zu schützen. Eckhard Panz, 44 Jahre alt, ist angesichts der aktuellen Meldungen skeptisch. Es heißt in Dresden habe das Hochwasser den Scheitelpunkt überschritten. Wie auch immer: Panz Junior ist seit vier Tagen in Gang, um Reusen und Arbeitsmaterialien zu sichern ebenso das elterliche Haus. "Wenn das Wasser weg ist, dann bin ich sechs Tage mit Aufräumen beschäftigt." Was ihn besorgt, ist die zunehmende Anzahl der Hochwasser. "Früher kam es alle 20 Jahre. Jetzt ist es das vierte seit 2002."

Das Wasser- und Schifffahrtsamts (WSA) Uelzen teilte unterdessen gestern mit, dass das Hochwassersperrtor am Elbe-Seitenkanal in Artlenburg vorsorglich geschlossen wird, um die Anlagen im Kanal vor den Wassermassen zu schützen. Damit ist der Kanal für die Schifffahrt bis auf weiteres gesperrt. Aussagen über die Dauer der Sperrzeit seien erst möglich, wenn in den nächsten Tagen gesicherte Prognosen für den Ablauf des Hochwassers vorliegen, heißt es beim WSA.