Renaturierung der Ilmenau bringt den Artenschutz wirksam voran

Bardowick. Zwischen Bardowick und Wittorf macht die Ilmenau jetzt an vier Stellen kleine Abstecher und schlängelt sich auch abseits ihres Bettes durch die Landschaft. Die Nebenarme führen wie früher wieder Wasser. Seit 2008 wurden mehr als 5500 Quadratmeter alter Flussabschnitte hergestellt. Die Altarme sind vor allem wichtig für den Fischotter. Sie dienen der gefährdeten Tierart als Speisekammer und Kinderstube. Doch auch andere Spezies wie der Weißstorch siedeln sich wieder an.

Die Belebung der Nebengewässer, die parallel zur Huderstraße in Bardowick, gegenüber dem Wittorfer Ortsteil Hohensand und östlich der Schleuse in Wittorf liegen, kostete 153 000 Euro. Mit Hilfe des Förderprogramms "Das Blaue Metropolnetz" der Aktion Fischotterschutz werden die Lebensräume des in Mitteleuropa stark bedrohten Säugetiers in der Metropolregion Hamburg ausgebaut. Aus diesem Topf wurden 88 Prozent der Kosten bestritten. Geldgeber waren die Förderfonds Niedersachsen/Hamburg und Schleswig-Holstein/Hamburg, die Deutsche Bundesstiftung Umwelt, die Hanns R. Neumann Stiftung und die Bingo-Umweltlotterien. Den Rest trug der Planungsverband für das Gewerbegebiet Wittorfer Heide, weil die Revitalisierung der Altarme ein Ausgleich für die Versiegelung der Gewerbeflächen sind.

Der Ilmenau kommt mit ihren Nebengewässern eine wichtige Korridorfunktion zur Ausbreitung und Stabilisierung der Fischotterpopulation zu. Der elegante Schwimmer benötigt großräumige Lebensräume, die er ungehindert und ungestört durchwandern kann. Üppige Ufervegetation gibt ihm die nötige Deckung.

Diese Voraussetzungen findet das sensible Tier jetzt in der Samtgemeinde Bardowick vor. Doch wie viele Fischotter die neuen Lebensräume schon bezogen haben, ist unklar. Biologe Karsten Borggräfe vom Verein Aktion Fischotterschutz am Otterzentrum in Hankensbüttel kennt die Zahl nicht. "Wir wissen nur, dass er da ist, weil wir Spuren gefunden haben."

Aufgrund der intensiven Nutzung und des Ausbaus der Gewässer kann sich der Otter nur langsam ausbreiten. Das Projekt in Bardowick und Wittorf steuert dagegen. "Wir haben die verlandeten Altarme ausgekoffert und so ursprüngliche Ilmenauläufe wieder hergestellt, wie sie in alten Karten dokumentiert sind", so Helmut Meier vom Bauamt der Samtgemeinde.

Doch um überhaupt mit den Renaturierungsarbeiten in der Ilmenauniederung beginnen zu können, mussten zunächst fast 50 000 Quadratmeter Land gekauft, weitere rund 9000 Quadratmeter für das Projekt über Verträge mit Eigentümern gesichert werden. 5075 Kubikmeter Boden wurde abgetragen und zum Teil in dem Lärmschutzwall im Bardowicker Bruch verbaut.

"Nach den Erdarbeiten haben wir die Ufer der Nebenarme abgeflacht. Die Vegetation kommt von alleine und benötigt keine Hilfe", so Meier. Mehr als 8000 Quadratmeter Wasserfläche sind so im Verlauf der alten Flussabschnitte neu entstanden.

An zwei Stellen in Wittorf verhinderten Bedenken von Landwirten allerdings, dass die Nebengewässer mit neuem Leben erfüllt wurden. "Das ist in Ordnung. Denn Naturschutz funktioniert nur mit Akzeptanz in der Bevölkerung", sagt Mathias Holsten von der Unteren Naturschutzbehörde beim Landkreis Lüneburg. Aber die Bürger sollen nicht nur in die Planung einbezogen werden, so Holsten weiter. Sie sollen von dem Projekt an der Ilmenau auch profitieren.

"Die Belebung der Altarme begleiten wir mit Umweltbildung", sagt Borggräfe. So vermittelt etwa das Schulbiologie- und Umweltbildungszentrum "Schubz" in Lüneburg Kindern spielerisch viel Wissenswertes über den Fischotter in der Ilmenauniederung.

Das Naturerlebnis soll auch für Ausflügler nicht kurz kommen. Holsten: "Wie zum Beispiel auf einem Steg am Ufer, von dem aus Amphibien und Libellen beobachtet werden können." Samtgemeindebürgermeister Günter Dubber sagt, Naturflächen wie die Nebenarme der Ilmenau bereicherten Kommunen. "Weil sie für Familien attraktive Ausflugsziele sind."

Die Renaturierung gefällt in der Tierwelt offenbar nicht nur dem Fischotter. Auch der Weißstorch scheint es zu schätzen, dass die Ilmenauwiesen ihm nun einen reich gedeckten Tisch bescheren. "Seit wenigen Tagen brüten das erste Mal seit 61 Jahren wieder Störche in Bardowick", sagt Helmut Meier. Das Paar hat sich auf dem Gelände der ehemaligen Kläranlage eingerichtet, unweit dem Altarm gegenüber Hohensand. "Die letzte Aufzeichnung über Storchennachwuchs in Bardowick stammt von 1937. Damals gab es vier Junge", so Meier. Und auch aus Wittorf gibt es eine Erfolgsmeldung. Am Südrand des Ortes brütet ein Storchenpaar.

Die Internetseite des Aktion Fischotterschutz e. V., Betreiber des Otterzentrums Hankensbüttel, finden Sie hier