Die 2,6 Megawatt-Anlage eines Oldenburger Agrarkonzerns wird nicht gebaut. Im Gemeinderat fehlte bei der Abstimmung eine Stimme.

Amt Neuhaus. Mit neun Nein- gegen acht Ja-Stimmen lehnte der Rat der Gemeinde Amt-Neuhaus den Bau einer riesigen 2,6 Megawatt-Biogasanlage in Darchau ab. Mit knapper Mehrheit entschieden sich die Kommunalpolitiker gegen die erforderlichen Änderungen im Flächennutzungsplan und verwiesen damit die aus Oldenburg stammende Ruhe Agrar GmbH und Investor Kunibert Ruhe.

Erst kürzlich hatte Ruhe den örtlichen LPG-Nachfolgebetrieb, die Agrarvereinigung Darchau e.G. Milchviehhaltung, aufgekauft. CDU-Ratsherr Jürgen Elvers, 70, aus Tripkau zeigt sich erleichtert: "Die Geschichte ist aus dem Weg geräumt. Wir wohnen mitten im Biosphärenreservat und uns wird Angst und Bange, wenn wir uns eine so große Biogasanlage hier vorstellen."

Die Maßstäbe für den Bau von kleinen Biogasanlagen - solche, die 500 Kilowatt Energie pro Stunde produzieren - geben das Baugesetzbuch und das Biosphärenreservatsgesetz vor. Sie regeln, was die Gemeinde bei der Planung zu beachten hat. Der Schutz der Natur ist dabei von besonderer Bedeutung, auch im Hinblick auf den Tourismus. Die Behörde prüft, ob die bauplanungs- und bauordnungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind und erteilt anschließend die Genehmigung.

Im Gegensatz dazu muss der Gemeinderat über den Bau von größeren Anlagen, wie der in Darchau geplanten, entscheiden. Für Landwirt Elvers hat die im großindustriellen Stil geplante Anlage nichts mehr mit bäuerlicher Landwirtschaft zu tun, die immer noch üblich im Amt Neuhaus ist. Erfahrungen gebe es bereits durch eine Biogas-Großanlage in Kaarßen, die den stellvertretenden Bürgermeister der Gemeinde Amt Neuhaus nachdenklich machen: "Transport und Verwendung der Landschaft müssen im Interesse der Nachwelt, im Interesse unserer Kinder genutzt werden. Da kann man nicht zu allem Ja sagen."

Die Gegner der Anlage verweisen auf die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes und das zu erwartende große Transportaufkommen. Die Ja-Stimmen im Rat erklärt sich Elvers auch mit den Versprechen des Industriellen. Ruhe hatte der Bevölkerung den Bau von Blockheizkraftwerken in Neuhaus, Darchau, Haar und Stapel zugesagt, die Abwärme für Heizung und Warmwasser liefern würden. Die Befürworter sehen in Biogas eine neue Energiequelle und verweisen auf die in Aussicht gestellten Arbeitsplätze.

Daran zweifelt Eckehard Niemann, Sprecher des Landesverbands Niedersachsen der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL). "Ob in einem solchen Konzern mit seiner Ausrichtung auf Kapitalrendite die Arbeitsplätze in der Darchauer Milchviehhaltung sicher sind, ist fraglich."

Hinter der Ruhe Agrar GmbH stünden der Biogaskonzern Envitec und die südoldenburgischen Agrarindustriellen Kunibert Ruhe und Olf Lehmden, die mit der Biogasanlage ihren weit verzweigten Agrarkonzern ausbauen wollten.

Auf eine breitere Zustimmung im Rat stieß jedoch der geplante Ausbau einer Biogasanlage in Rosien. Dort will ein holländischer Agrarfabrikant seine bereits bestehende Anlage von 1,5 auf 2 Megawatt erweitern. Hier hätten, so Ratsherr Elvers, keinerlei baurechtlichen Bedenken gegen den Ausbau bestanden. "Die Anlage liegt entlegen hinter einem Wald und Schweinezüchter Coen Verhaegh ist uns entgegen gekommen." Schriftlich vereinbart zwischen der Gemeinde um dem Niederländer werde der Einbau einer Filteranlage zur Reduzierung der Gerüche, wie auch die Instandhaltung der Straßen.

Die Veränderung in der Landwirtschaft ist unübersehbar. Wie überall in ländlich geprägten Gebieten führen der zunehmende Maisanbau und die Massentierhaltung auch im Landkreis Lüneburg zu gewerblichen Großbauvorhaben mit industriellem Charakter in der Peripherie. Hier will die Kreistagsfraktion von SPD und Grünen die Notbremse ziehen. Sie fordert eine kommunalen Mitgestaltung.

Dazu erklärt Martin Köne (Grüne) als stellvertretender Gruppenleiter: "Bei allen innerörtlichen Bauvorhaben werden die Kommunen eingehend beteiligt. Bei einem großen Schweinestall mit mehreren Tausend Tieren oder einem industriell geprägten Komplex einer Biogasanlage im Außenbereich hat die Kommune eine wesentlich eingeschränktere Einflussmöglichkeit."