Der Bundesfreiwilligendienst ersetzt den Zivildienst. Soziale Dienste beklagen aber den notwendigen bürokratischen Hürdenlauf.

Lüneburg. Doch die Träger der freien Wohlfahrtspflege, die bisher viele Zivildienstleistende beschäftigt haben, sind alles andere als begeistert über den Start des neuen Freiwilligendienstes.

"Wir haben Anfragen zum BFD, aber wir haben noch niemanden unter Vertrag. Dabei gibt es bei uns aktuell im Fahrdienst durchaus Probleme. Durch den Wegfall der Zivildienstleistenden haben wir Lücken beim Personal. Wenn wir diese Leistung in Zukunft einkaufen müssen, wird das Ganze natürlich teurer", sagt Frank Müller, Geschäftsführer der Lebenshilfe Lüneburg-Harburg.

Die Lebenshilfe bietet als gemeinnützige GmbH Plätze in Kindergärten und Krippen, Wohnungen, Freizeitangebote, ambulante Dienste und Arbeitsplätze für Behinderte in der Region. In Teilbereichen hat sich das Unternehmen in seiner Beschäftigungsstruktur bereits umgestellt. "Wir setzen stärker auf junge Menschen im Berufsgrundbildungsjahr und im Freiwilligen Sozialen Jahr, das klappt ganz gut. Allerdings halte ich es nicht für besonders sinnvoll, dass es mit dem Freiwilligen Sozialen Jahr und dem Bundesfreiwilligendienst zwei ganz ähnliche Angebote nebeneinander gibt. Da ist die Orientierung für Interessenten oft schwer", sagt Müller.

Die Existenz von parallelen Strukturen im Bereich der freiwilligen Dienste kritisiert auch Harald Kreft, Geschäftsführer des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) in Lüneburg: "Ich finde es schade, dass der Zivildienst weggefallen ist. Es gibt schon Dienstleistungen, die durch Zivildienstleistende gut erbracht wurden und die schwer zu ersetzen sind. Man hätte sich bei der Umstellung der Dienste entweder für das Freiwillige Soziale Jahr oder für den Bundesfreiwilligendienst entscheiden sollen. Eines von beidem hätte klar und verlässlich geregelt werden sollen. Die jetzt herrschende Verunsicherung tut der Sache überhaupt nicht gut."

Der ASB beschäftigt in Lüneburg bisher noch keinen Mitarbeiter im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes. "Wir hatten früher sechs Zivildienstleistende, jetzt haben wir sechs junge Leute, die ihr Freiwilliges Soziales Jahr bei uns leisten. Einen Mitarbeiter im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes hätten wir gerne, aber ob der kommt, wissen wir noch nicht. Im Übrigen haben wir versucht, unsere Leistungen soweit wie möglich auf hauptamtliche Kräfte umzustellen", sagt Kreft. Doch die Umstellung auf Vollzeitkräfte ist nicht überall möglich - und sie kostet zusätzliches Geld. "Es gibt sicher Bereiche, in denen es jetzt schlecht aussieht _ das vermute ich zum Beispiel für einige Pflegedienstleistungen", sagt Kreft.

Protest zur Umsetzung der Regelungen des BFD kommt auch vom Paritätischen Wohlfahrtsverband Niedersachsen e. V. in Hannover. "Wichtige Regelungen wie die Frage des Kindergeldbezugs sind im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes weiter nicht rechtssicher gesetzlich verankert. Im Übrigen sind urplötzlich neue Quoten im Gespräch, die den Großteil der künftigen Fördergelder für die freiwilligen Dienste infrage stellen", sagt Cornelia Rundt, Vorstandsmitglied des paritätischen Wohlfahrtsverbandes Niedersachsen in Hannover.

Bisher habe es aus dem zuständigen Bundesministerium die Zusage gegeben, dass Stellen im BFD im gleichen Verhältnis gefördert würden wie die Stellen, die im FSJ besetzt werden. Diese Zusage scheint nun wieder ins Wanken zu geraten. "Wir tragen das volle finanzielle Risiko für die Beschäftigung neuer Mitarbeiter im Rahmen der freiwilligen Dienste, dabei können wir für die Zukunft kaum noch verlässlich planen. Außerdem fehlt es für die Einstellung von Mitarbeitern im Rahmen des BFD an entsprechenden Musterverträgen, an denen wir uns orientieren könnten", sagt Cornelia Rundt.

Für eine völlige Neuorientierung im Rahmen der freiwilligen Dienste plädieren die Linken in Niedersachsen. "Der Bundesfreiwilligendienst kann nicht einmal einen Bruchteil der Lücke füllen, die der Zivildienst hinterlässt", sagt Patrick Humke, sozialpolitischer Sprecher der Fraktion der Linken in Hannover. Es sei nicht wünschenswert, dass die Sozialverbände in eine neue Abhängigkeit von den Freiwilligendiensten geraten. "Die sozialen Träger sollten in der Lage sein, stabile Beschäftigung zu fairen Tarifen zu gewährleisten, um ihre Aufgaben zu erfüllen. Bei der Freien Wohlfahrtspflege sind die Probleme gravierend: Die Pflegesätze sind derart niedrig, dass die Freie Wohlfahrtspflege bei den Löhnen ihrer Mitarbeiter sparen muss", sagt Humke.

Die Zivildienstleistenden hätten in der Vergangenheit einiges abgefedert - das sei jetzt nicht mehr möglich, deshalb müsse das Land Niedersachsen seine Förderung für freie Träger im Bereich der Wohlfahrtspflege unbedingt zügig erhöhen.