Die Lüneburger Berufsinformationsmesse wächst. Besondere Herausforderungen kommen durch den doppelten Abiturjahrgang auf die Berater zu.

Lüneburg. Das Wetter am Sonnabend vermochte wahrlich keinen großen Optimismus und Tatendrang zu vermitteln. Trotzdem ließen sich mehr als 500 Lüneburger Schülerinnen und Schüler nicht von Wind und Dauerregen abhalten, an diesem trüben Wochenendtag einen klaren Kopf zu behalten - und intensiv über ihre berufliche Zukunft nachzudenken.

Bei der Lüneburger Berufsinformationsbörse (BIB) im Gymnasium Johanneum hatten sich Vertreter von 35 Unternehmen und Hochschulen versammelt, um die angehenden Absolventen aller Lüneburger Schulen von 10 bis 17 Uhr über die unterschiedlichsten Ausbildungs- und Studienmöglichkeiten zu informieren. Und die hatten fast schon die berühmte Qual der Wahl: Der sogenannte "Marktplatz" bot Informationen über mögliche Wege in zahlreiche Berufe - vom Fremdsprachenkorrespondenten über Grafikdesigner, Rechtsanwalt und Förderschullehrer bis hin zum Fluglotsen. Dazu boten Referenten von Unternehmen, Universitäten und Verbänden mehr als 20 verschiedene Vorträge zu Berufs- oder Studienplatzwahl und über Finanzierungsmöglichkeiten.

Die Ostfalia Hochschule rückte mit einem ganzen Lkw an und stellte ihren "Wissenschaftstruck" auf dem Schulhof ab, in dem sich die jungen Interessenten anhand moderner physikalischer Modelle über die zumeist technischen Studiengänge der Hochschule beraten lassen konnten. Das siebenköpfige ehrenamtliche Organisationsteam um Claudia Bitti sorgte in diesem Jahr nun schon zum fünften Mal für ein bemerkenswert umfassendes Angebot für die Jugendlichen. "Früher hatte jede Schule ihre eigene kleine Berufsbörse", erklärt Claudia Bitti, deren Kinder auch in Lüneburg zur Schule gehen. "Mir war es wichtig, das Angebot für alle Jugendlichen zu öffnen. Wenn ein Hauptschüler sagt, er möchte vielleicht doch Polizist werden, sollte er die Möglichkeit zur Information haben."

2007 entstand die erste BIB aus einer Elterninitiative. Seitdem rotiert sie jährlich zwischen Wilhelm-Raabe-Schule, Johanneum und Gymnasium Oedeme - und erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Und das nicht nur bei den Schülerinnen und Schülern. "Am Anfang mussten wir noch ganz stark nach Unternehmen suchen und Referenten akquirieren", erinnert sich Claudia Bitti. "Heute ist es so, dass die Firmen und Hochschulen aus einem immer größeren Einzugsgebiet auf uns zukommen, so dass wir einigen aus Platzmangel schon absagen müssen. Wir merken, dass bei den Firmen ein stärkerer Bedarf besteht, raus zu kommen und den Jugendlichen direkt an den Schulen alles über ihre Angebote zu erklären."

Der niedersächsische Kulturstaatssekretär Stefan Porwol sprach bei seiner Eröffnungsrede, die er stellvertretend für den verhinderten Kultusminister Bernd Althusmann hielt, von einer "positiven Botschaft", die der derzeitige demographische Wandel mit sich bringe. "Alle werden benötigt", so Porwol. Dem doppelten Abiturjahrgang sieht Porwol positiv entgegen: "Etwa 25 000 Abiturienten werden 2011 zusätzlich die Schulen verlassen." Dafür entstünden von 2011 bis 2013 35 000 neue Studienplätze. Porwol: "Ich bin zuversichtlich, dass die Situation relativ entspannt sein wird."

Diese Meinung teilt Eckhard Bauss nicht. Der Bardowicker Geschäftsmann besuchte die BIB zusammen mit seiner 17-jährigen Tochter Neele. Sie gehört zum ersten Jahrgang in Niedersachsen, der nach zwölf Jahren Schule Abitur macht. "Ich möchte mir gleich den Vortrag zum Thema ,Nach der Schule ins Ausland' anhören", sagt die angehende Abiturientin. Sie und ihr Vater erwarten eine regelrechte Absolventenschwemme, die durch den Wegfall der Wehrpflicht noch verstärkt werde. "Wir gehen davon aus, dass es sehr schwierig werden wird", so Eckhard Bauss. "Der erste Doppeljahrgang ist auf jeden Fall ein benachteiligter Jahrgang. Da spricht nichts gegen ein Jahr Auszeit nach der Schule." Für später schwebt Neele ein Beruf in der Medienbranche vor. "Am liebsten etwas in Richtung Film und Fernsehen."

Den Trend, dass die Jugendlichen nun vermehrt mit ihren Eltern zur Börse kommen, stellt auch Claudia Bitti fest. "Der doppelte Jahrgang bewirkt, dass das Thema Berufsfindung jetzt in den Familien immer mehr durchgesprochen wird."