Wer heute telefoniert, im Internet surft oder digital fotografiert, nutzt Techniken, deren Erfinder das Stockholmer Nobelpreiskomitee jetzt auszeichnete.

Mit ihren Erfindungen revolutionierten die "Meister des Lichts" unseren Alltag. Sie schufen das Rückgrat der weltumspannenden Kommunikation sowie die Basis für die digitale Fotografie - zwei wesentliche technische Bausteine für die Revolution in der Informationstechnologie. Dafür zeichnete gestern das Nobelpreiskomitee in Stockholm den in Shanghai geborenen britischen Forscher Charles Kuen Kao (75) sowie die beiden US-Wissenschaftler Willard Sterling Boyle (85) und George Elwood Smith (79) mit dem Physik-Nobelpreis aus. Das Preisgeld geht zu 50 Prozent an Charles Kao, der seit 1970 wieder in Hongkong lehrt.

Die anderen 50 Prozent des fast mit einer Million Euro dotierten Preises teilen sich Willard Boyle und George Smith, die zusammen an den Bell Laboratories in New Jersey forschten. George Smith erfuhr von der Ehrung erst nach der Pressekonferenz in Stockholm - man habe den leidenschaftlichen Segler vorher telefonisch nicht erreichen können, so das Komitee. Willard Boyle, der in Kanada lebt, klang noch ziemlich verschlafen am Telefon. Kein Wunder, hatte das Komitee ihn doch aus dem Bett geworfen. Er sei sehr aufgeregt und frage sich, ob er nicht träume. "Ich habe noch nicht einmal eine Tasse Kaffee getrunken."

Für ihn, der gemeinsam mit George Smith die Basis für die heutigen Digitalkameras legte, kam die Ehrung unerwartet. Sie war genauso unvorhersehbar wie der Durchbruch, der den beiden Physikern an einem Tag im September 1969 gelang. An diesem Tag skizzierten sie ihre Ideen für einen besseren elektronischen Speicher auf einer Tafel in Boyles Büro - das Ergebnis war kein Speicher, sondern das erste elektronische Auge, der lichtempfindliche Halbleiter-Chip CCD. Den Prototyp bauten die beiden Erfinder binnen einer Woche. Ihre Technik beflügelte die Entwicklung von Digitalkameras, eröffnete der Medizin und der Astrophysik neue Wege. Heute ist die Endoskopie, mit der Mediziner durch winzige Schnitte in den Körper eines Menschen gucken können, Standard. Boyle sagte, ihm sei vor allem der Tag in Erinnerung geblieben, "an dem ich in meinem kleinen Haus saß und im Fernsehen erstmals die Bilder von der Marsoberfläche gezeigt wurden".

Doch von all dem hätte die Welt nicht in dem Tempo - oder vielleicht auch gar nicht - erfahren, wenn der Visionär Charles Kao nicht 1966 den Durchbruch in der Glasfasertechnik erzielt hätte. Denn das traditionelle Kupferkabel kann nur wenige Telefongespräche abwickeln - ein modernes Glasfaserkabel bewältigt 1,6 Milliarden Anrufe. Es war die bahnbrechende Erkenntnis von Kao am Imperial College London, die diesen Weg ebnete. Er erkannte, dass nicht der Faserverbund, sondern das Glas optimiert werden musste. Es musste transparent werden, damit Licht nahezu verlustfrei hindurchsausen kann. 1971 gelang die Herstellung von hochtransparenten Glasfaserkabeln. Damit begann ihr Siegeszug rund um den Globus. Würde man alle Kabel um die Erde schlingen, würden sie die Erde mehr als 25 000-mal umwickeln - und jede Minute kommen neue Kilometer hinzu.