Aber mit 450 Euro ist eine Untersuchung in der “Röhre“ etwa viermal so teuer wie die Standarduntersuchung mit Röntgenstrahlen. Doch bei der wird nur jeder dritte Tumor erkannt, im Kernspin dagegen 93 Prozent.

Hamburg. Das staatliche Früherkennungsprogramm für Brustkrebs ist erneut in der Kritik. "Nützt nur wenigen, schadet aber nichts", so lautete bisher das Urteil vieler Ärzte über die Mammografie-Untersuchungen in Deutschland - jedenfalls hinter vorgehaltener Hand. Eine aktuelle Studie aus Bonn fällt ein noch vernichtenderes Urteil über die standardisierten Röntgenkontrollen.

Das Fazit der Mediziner: Nur rund ein Drittel der Krebserkrankungen in der Brust werden mit der Mammografie zuverlässig erkannt. Der Rest wird übersehen oder ist falscher Alarm.

Unter den Analysegeräten, die die gefährlichste und am häufigsten lebensbedrohliche Krebsart bei Frauen entdecken können, gibt es zwei Konkurrenten. Die gute alte Mammografie, die mit gesundheitsschädlichen Röntgenstrahlen funktioniert, und ein neues Verfahren, das kaum Belastung mit sich bringt, unvergleichlich effizienter, effektiver und zuverlässiger arbeitet, aber zwei Nachteile hat - es ist teuer, und es gibt derzeit in Deutschland nur wenige Ärzte, die genug Erfahrung haben, die Ergebnisse ordentlich auszuwerten. Trotzdem ist die sogenannte Magnetresonanz-Tomografie (MRT) offenbar wesentlich besser geeignet, Leben zu retten. In der Bonner Studie wurden in der Kernspin-Röhre viel mehr Tumore in der Brust korrekt erkannt als per Mammografie oder Ultraschall - bei deutlich weniger Fällen von falschem Alarm.

Das Fazit der Forscher: Anders als momentan vom Staat empfohlen, sollte in Zukunft auch Frauen mit nur einem mäßig erhöhten Krebsrisiko eine MRT zur Früherkennung angeboten werden. Jene Kandidatinnen mit einem extrem hohen Risiko - zum Beispiel mit Krebsfällen in der Familie - sollten sogar einmal im Jahr zur Kontrolle in die Röhre geschickt werden.

Momentan zahlen die Krankenkassen die etwa 450 Euro teure Kernspin-Untersuchung nur, wenn zuvor per Mammografie (110 Euro) oder Ultraschall ein verdächtiger Knoten gefunden wurde. Das regelmäßige Röntgen der Brust dagegen galt als unverzichtbar. "Die Strahlendosis, der eine Hochrisikopatientin so im Laufe der Jahre ausgesetzt wird, ist unvertretbar", sagte dagegen Studienleiterin Professor Christine Kuhl, "eine einzelne Mammografie ist kein Problem, aber wenn eine Frau vom 25. bis zum 70. Lebensjahr jährlich geröntgt wird, ist die Belastung einfach zu groß und umgekehrt der Nutzen zu gering."

Werde anschließend bei diesen Frauen noch eine MRT gemacht, so habe die Mammografie überhaupt keinen Sinn. Dass die Kernspin-Untersuchung mehr als viermal so viel kostet wie das Röntgen, sieht Kuhl nicht problematisch. "Die Kosten sind immens höher, wird ein Tumor in der Brust erst spät entdeckt."

Für ihre Studie haben die Bonner Forscher 687 Frauen mit erhöhtem Brustkrebsrisiko über fünf Jahre hinweg untersucht: Mittels MRT, Mammografie und Ultraschall. Bei 27 von ihnen fanden die Mediziner in diesem Zeitraum Krebs oder Tumor-Vorstufen. Die MRT erkannte 25 Tumore - ein Anteil von 93 Prozent. Der Ultraschall kam nur auf 37 Prozent und die Mammografie auf 33 Prozent, schreiben die Forscher im Fachmagazin "Journal of Clinical Oncology".

Der Nutzen der Mammografie ist schon länger umstritten. Vor einem Jahr kam bereits eine große europäische Studie zu dem Schluss, dass das regelmäßige Röntgen mehr schadet als nützt.

Unter 1000 Frauen, die sich alle zwei Jahre die Brust röntgen lassen, ist eine, die dieser Untersuchung ihr Leben verdankt. Aber fast 100 dieser untersuchten Frauen sehen sich entweder einem falschen Krebsverdacht ausgesetzt, oder ihr Tumor wird übersehen. Auch sind schon gesunde Brüste entfernt worden.

Unterm Strich steht heute die Chance, lebenslang ohne Brustkrebs davonzukommen, bei neun zu eins. Durchschnittlich ist die Gefahr mit 65 Jahren am höchsten, bei der erblichen Form sogar 20 Jahre früher.