Und dann? Die Nachricht von der Erkrankung Sylvie van der Vaarts lenkt den Blick darauf, wie vielfältig heutzutage die Möglichkeiten einer Früherkennung sind - und wie dadurch die Chancen auf Heilung wachsen.

Für jede Frau ist die Diagnose ein Schock. Ein GAU, von dem man immer denkt: Das betrifft viele andere, aber nicht mich. "Man hört die Worte und begreift die Wahrheit erst ganz langsam", sagte die Schauspielerin Barbara Rudnik. Sie starb vergangenen Monat mit 50 Jahren an Brustkrebs; für eine Operation war es zu spät gewesen.

Jedes Jahr hören 52 000 Frauen in Deutschland die niederschmetternde Diagnose - Brustkrebs ist der häufigste bösartige Tumor bei Frauen. Die Angst davor ist so groß, dass viele sie verdrängen. Die Brust ist nicht irgendein beliebiger Körperteil. Sie symbolisiert Weiblichkeit und Mütterlichkeit. Sie ist quasi das "vorgebaute" Erkennungszeichen unseres Geschlechts, unserer Erotik.

Die Angst speist sich oft aus den Erfahrungen der Generation unserer Mütter, für die "Brustkrebs" noch häufig hieß: Amputation. Das ist heute nicht mehr so. Die Heilungschancen haben sich immens verbessert - vor allem durch Vorsorge.

Jede Frau ab 30 Jahren hat jährlich Anspruch auf eine kostenlose Krebsvorsorgeuntersuchung beim Frauenarzt, bei der die Brust abgetastet wird. Alle Frauen zwischen 50 und 70 Jahren können alle zwei Jahre eine kostenlose Röntgenuntersuchung der Brust vornehmen lassen, die Mammografie. An dem Mammografie-Screening, das 2008 in Hamburg startete, nahmen bisher 39 011 Hamburgerinnen teil. Bei knapp 400 von ihnen wurde ein Malignom (bösartige Wucherung) in der Brust diagnostiziert. Und bei zwei Dritteln so früh, dass die Lymphknoten in der Achselhöhle noch nicht angegriffen waren. Damit erhöhen sich die Heilungschancen der Betroffenen auf weit über 90 Prozent.

Viele Frauen glauben, das früheste Erkennungszeichen von Brustkrebs sei ein ominöses Knötchen in der Brust. Falsch, sagt die Hamburger Röntgenfachärztin Dr. Dana Schrader: "Wir versuchen mit der Mammografie ja gerade, einen Befund zu erkennen, lange bevor er ertastet werden kann. Wenn ein Knötchen da ist, ist es schon keine Vorsorge mehr."

Der Krebs ist wie ein Chamäleon, sagt Dana Schrader. Er kann auf dem Röntgenbild als Gewebeverdickung erscheinen oder als Verkalkung. Die Analyse der Röntgenbilder und die Untersuchung erfordern viel Erfahrung. Zur Ergänzung macht Dana Schrader in 95 Prozent aller Fälle eine Ultraschallaufnahme. Denn auf der Mammografie ist die Brustdrüse weiß, ein Tumor auch. Auf dem Ultraschall bleibt die Brustdrüse weiß - der Tumor ist schwarz sichtbar.

Allerdings: Das Mammografie-Screening bietet keine Tastuntersuchung und auch keinen Ultraschall. Auch die Altersbegrenzung sehen manche kritisch: Die Deutsche Gesellschaft für Senologie (Erkrankungen der Brust) empfiehlt, eine kostenlose Basis-Mammografie schon für Frauen von 30 bis 50 Jahren anzubieten, ab 40 Jahren jährlich, danach alle zwei Jahre. Damit würden auch mehr jüngere Frauen rechtzeitig gewarnt.

Jede Frau kann in ihrer Brust einen ringförmigen Strang, den sogenannten Milchgang, fühlen. An ihm hängen, wie Trauben an einem Stil, die Milchdrüsen. In diesem Gewebe bildet sich meist der Tumor. Irgendeine Zelle entartet plötzlich: Sie teilt sich viel zu schnell. Häufig wird das körpereigene Abwehrsystem damit fertig. Wenn nicht, wuchert die Zelle weiter. Aber das dauert: Eine Zellteilung braucht 100 bis 120 Tage, und Tumorgewebe hat Millionen Zellen. Von einer "bösartigen" Zelle bis zu einem ertastbaren Knoten von einem Zentimeter Größe können deshalb etwa acht Jahre vergehen, sagt Dr. Wolfram Czopnik, Chefarzt der Gynäkologie und Geburtshilfe am Amalie-Sieveking-Krankenhaus. Brustkrebs ist so gefährlich, weil er so leise und so langsam ist.

Nur zu zehn Prozent spielen genetische Vorbelastungen eine Rolle. Zu 80 Prozent entsteht Brustkrebs durch äußere Einflüsse: Alkoholmissbrauch, Übergewicht und Fettleibigkeit (Adipositas), Bewegungsarmut, Rauchen, Hormoneinnahme während der Wechseljahre und die Aufnahme krebserregender Substanzen in der Luft oder Nahrung.

Ein entscheidender Faktor ist aber auch die Östrogenaktivität im Körper: "Je kürzer sie ist, desto geringer ist das Krebsrisiko", sagt Czopnik. Konkret: Bei einem sehr frühen Menstruationsbeginn in der Jugend und einer späten Menopause ist das Brustkrebs-Risiko deutlich erhöht. Bei einer Frau, die mehrere Kinder bekommen und sie lange gestillt hat, ist das Risiko geringer - weil während der Schwangerschaft weniger Östrogen produziert wird.

Und was ist, wenn der bange Moment kommt und die Diagnose Brustkrebs gestellt wird? Wenn eine Operation unausweichlich ist? Dann beginnt die Arbeit von Sabine Grabs. Die "Breast Care Nurse" am Brustzentrum des Albertinen-Krankenhauses steht betroffenen Frauen zur Seite - vom Aufnahmegespräch bis zur Entlassung. "Die Angst vor bösen Überraschungen nach der Operation gibt es heute nicht mehr", sagt sie. "Das hat sich wirklich geändert: Mit jeder Patientin werden viele Gespräche über die einzelnen Schritte der Therapie geführt. Denn sie soll die Therapie mitgehen können, sie verstehen. Wir machen ihr Vorschläge, erklären Vor- und Nachteile und Risiken. Die Entscheidung aber trifft sie selbst."

In 80 Prozent der Fälle ist heute eine brusterhaltende Operation möglich. Viele Patientinnen hätten am meisten Angst vor der anschließenden Chemotherapie und Bestrahlung, sagt Grabs. Und tatsächlich schränkt diese Zeit (bis zu einem Dreivierteljahr) die Lebensqualität der Patientin stark ein, stürzt sie in viele Gefühlstiefs: Wie sehe ich aus ohne Haare, ohne Wimpern? Werde ich überhaupt wieder gesund und fit? Sabine Grabs und ihre Kollegin stehen den Frauen ständig zur Seite, bereiten sie auf die Eingriffe vor, beraten auch die Angehörigen.

Und nach der Therapie? Alle acht Wochen kommen die (Ex-)Brustkrebs-Patientinnen zu einem Gesprächskreis zusammen. Frischoperierte ebenso wie solche, die sich erholt haben und schon zwei Jahre lang symptomfrei sind. "Die haben schon wieder ihre Haare und sehen gesund aus", sagt Sabine Grabs. Ein wichtiger Impuls für die noch Verzagten und Verunsicherten: Da siehst du's, es wird schon wieder. "Das ist für die Frauen viel aufbauender, als wenn wir es ihnen erzählen würden."