Er liegt in einem Waldstück in Blankenese. An 364 Tagen im Jahr quälen sich HVV-Kleinbusse der Linie 48 den Waseberg hinauf bis zum Gipfel, 96 Meter über dem Meeresspiegel. Seit 1997 indes, der zweiten Auflage der jetzigen Vattenfall-Cyclassics, gehört die 600 Meter lange Straße einmal im Jahr den "Bergziegen" mit den muskulösen Waden.

Der im Kern nur 250 Meter lange Anstieg mit bis zu 15 Prozent Steigung hat bei Radprofis und -fans längst seinen (guten) Ruf: Er ist Attraktion, Nadelöhr und Scharfrichter. Bei "Elb d'Huez" können sich Ausreißergruppen, wenn überhaupt, entscheidend absetzen. "Hier wird immer viel attackiert, viel gekämpft, die Fans sind so temperamentvoll wie in Italien", hat Cyclassics-Sieger Paolo Bettini 2003 Hamburg gelobt. Der achtmalige Frankreich-Fahrer Rolf Aldag (T-Mobile) meint: "Die Stimmung dort war immer riesig und für jeden Profi Motivation genug, eine Woche nach der Tour de France in Hamburg zu starten."

Anders als hinauf nach l'Alpe d'Huez wedeln die Fans am Waseberg nicht in einem extrem dichten Spalier auf der Straße mit Fahnen und Mützen, sie machen den Profis in Sechserreihen hinter Absperrgittern, auf einer Brücke und am Hang Beine. Hier fahren - dank Beifall, Anfeuerungsrufen und Ratschen, garniert mit Wurst und Bier, begleitet von Feten-Hits ("Über den Wolken, la, la, la . . .") - Gänsehautgefühl und Party-Feeling Tandem. Und vom Gipfel aus, auf dem zwei Sprecher vor der Videoleinwand moderieren, kann man die Profis so richtig schön leiden sehen: "Schau mir in die Augen, ,Ete' (Zabel)!"

Das wird auch am Sonntag nicht anders sein, wenn die Pedaleure auf der 243,2-km-Strecke den Waseberg von ca. 14.30 Uhr an viermal überqueren. Erstmals hat mit der Region Ötztal/Sölden ein Bergpreis-Sponsor 6000 Euro Prämien für die ersten drei Überfahrten ausgesetzt. Doch auch die Letzten werden hochgepeitscht. Das gelang sogar 2003, obwohl die Absperrungen nach einer Kommunikationspanne aufgehoben waren und die Zuschauer auf der Straße vor die Leinwand drängten: Ein neutralisiertes Grupetto um Ex-Weltmeister Romans Vainsteins quälte sich vor dem Besenwagen durchs Spalier. Da glich "Elb d'Huez" tatsächlich l'Alpe d'Huez . . .