Berlin. Die nationale Gesundheitsbehörde in Australien gibt im Sommer die Wirkstoffe von Ecstasy und halluzinogenen Pilzen als Medikament frei.

Australiens oberste Gesundheitsbehörde hat den Weg frei gemacht, künftig psychische Erkrankungen mit beliebten Partydrogen zu behandeln. Die Wirkstoffe von Magic Mushrooms und Ecstasy sind ab 1. Juli 2023 offiziell zur medikamentösen Verschreibung freigegeben. Die Entscheidung gilt als große Überraschung, schmetterte die Therapeutic Goods Administration (TGA) dasselbe Ersuchen noch vor zwei Jahren kategorisch ab. Von dem Sinneswandel sind Psychiater wie Pharmazeuten gleichzeitig überrumpelt.

MDMA und Psilocybin standen bereits 2021 auf der Tagesordnung der nationalen Behörde für Arzneimittel. Im zweiten Anlauf machten die Experten der TGA nun den Weg frei. Die psychiatrischen Risikofaktoren beider Wirkstoffe wurden von der Behörde heruntergestuft. MDMA, besser bekannt als Ecsatsy soll bei der Behandlung traumatisierter Kriegsveteranenen (Posttraumatisches Stress-Syndrom) helfen. Psilocybin, der psychoaktive Wirkstoff halluzinogener Pilze, soll klinisch depressiven Patienten, die sonst auf keine Antidepressiva reagieren, helfen.

Ecstasy soll primär psychisch kranken Patienten helfen, die auf die gängigen Antidepressiva nicht ansprechen (Symbolbild).
Ecstasy soll primär psychisch kranken Patienten helfen, die auf die gängigen Antidepressiva nicht ansprechen (Symbolbild). © dpa-tmn | Christin Klose

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Australien gibt Magic Mushrooms und Ecstasy als Medizin frei: Psychiater "schockiert" von Entscheidung

Dass beide Wirkstoffe von Experten unter dem Dach des Gesundheitsministeriums heruntergestufte wurde von verbotenen Substanzen zu kontrollierten Medikamenten, stößt auf Verwunderung. "Als ich heute morgen aufgewacht bin, war mein Mail-Postfach geflutet mit Nachrichten, die fragten 'Hast du gehört, was passiert ist?'", erklärte Psychiater Simon Ruffell der Zeitschrift "Wired". Der leitende Wissenschaftler der psychiatrischen Abteilung der Universität von Melbourne sei "schockiert von der Entscheidung".

Grund für die Überraschung ist nicht nur der abschlägige Bescheid, der erst vor zwei Jahren in gleicher Sache erging. Die Entscheidung betrifft nämlich ausschließlich die beiden Wirkstoffe selbst. Bisher gibt es weder ein Medikament mit Freigabe, noch einen Plan, unter welchen Umständen Psychiater die Wirkstoffe verschreiben dürfen.

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"Ich denke das braucht jetzt eine Weile, um anzulaufen", zitiert "Wired" Daniel Perkins, Professor am Psychiatrischen Zentrum der University of Swinburne. Behandlungsrichtlinien, spezifisches Training fürs behandelnde Personal, Dosierungsvorschriften, Abläufe zwischen medizinischen Einrichtungen und Risikoeinschätzung, für all diese Punkte müssen noch gesetzliche Grundlagen geschaffen werden.

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    Die Freigabe der psychedelischen Substanzen könnte für psychiatrisches Fachpersonal bald ein neues Aufgabenfeld als Trip-Sitter öffnen. So bezeichnet man Personen, die sich um Konsumenten während eines Rauscherlebnisses kümmern. Wie komplex die Anforderungen sein können, zeigt Simon Ruffell am Beispiel von indigenen Gemeinschaften auf, deren traditionelle Riten den Verzehr halluzinogener oder bewusstseinserweiternder Rauschmittel beinhalten. Wer sich in diesen Ritualen um Konsumenten kümmern wolle, habe sich in der Regel mehrere Jahre mit dem Thematik aktiv auseinandergesetzt, mahnt der Experte an.

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    Zudem kritisiert Ruffell, dass es noch keine Langzeitstudien zum Konsum psychedelischer Substanzen gibt. Länger as zwölf Monate hat sich keine belastbare Studie mit der Nutzung von MDMA bei Traumapatienten beschäftigt. Besser sieht die Datenlage psychedelischer Pilze aus. Im US-Bundesstaat Oregon wurde Psilocybin bereits zu Jahresbeginn freigegeben, mit einer bundesweiten Freigabe im nächsten Jahr ist zu rechnen. Auch in der Schweiz gibt es bereits Programme, die die Verschreibung von MDMA und LSD vorsehen.

    Zugänglich werden Behandlungsmöglichkeiten für den australischen Ottonormalpatienten in diesem Jahr wahrscheinlich aber noch nicht. Weil es keine anerkannten Medikamente gibt, werden die ersten Therapien wahrscheinlich nur für Selbstzahler mit üppigem Portemonee in Frage kommen. "Unter diesen Umständen wird eine Therapie wahrscheinlich erstmal nur für bessergestellte Patienten erschwinglich sein", glaubt Daniel Perkins.