Berlin. Supermärkte erhöhen die Preise ihrer Eigenmarken um 31 Prozent, für ihre Markenprodukte nur um 15 Prozent. Alle Infos im Überblick.

Eine von Foodwatch veröffentlichte Auswertung von Marktdaten zeigt, dass die Preise für Eigenmarken in Discounter im vergangenen Jahr besonders stark gestiegen sind. Die Handelsketten hätten die Preise ihrer günstigsten Eigenmarkenprodukte im Durchschnitt um mehr als 30 Prozent angehoben. Markenprodukte seien im Vergleich dazu nur halb so stark gestiegen. Diese Entwicklung trifft vor allem Menschen mit wenig Geld, die auf günstige Lebensmittel angewiesen sind.

Preisentwicklung von Eigenmarken und Markenprodukten in Supermärkten.

Die Daten stammen aus der Preis-App Smhaggle, die auf der Auswertung von Kassenbons basiert. Rund 70 Prozent der Lebensmittel im Supermarkt sind teurer geworden, wobei die Eigenmarken der Handelsketten im Preiseinstieg am stärksten betroffen sind. Dazu gehören die Marken "Ja!" von Rewe, "Gut&Günstig" von Edeka, Milbona von Lidl oder Milsani von Aldi. Die Preise dieser Produkte stiegen im Durchschnitt um 30,9 Prozent. Markenprodukte verteuerten sich im Jahr 2022 dagegen nur um durchschnittlich 14,5 Prozent.

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Verkauf von Handelsmarken auf Rekordniveau

Inflation und hohe Energiepreise lassen die Verbraucher immer häufiger zu preiswerten Eigenmarken greifen. Diese sind nicht nur deutlich günstiger als die Markenprodukte bekannter Hersteller, sie schmecken oft auch genauso gut. Laut der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) stieg der wertmäßige Anteil der Handelsmarken von 40,6 Prozent im Jahr 2021 auf 43,2 Prozent im Jahr 2022. Das sind rund zwei Prozent mehr als im Vorjahr.

Warum werden Handelsmarken immer teurer?

Um den steigenden Lebensmittelpreisen entgegen zu wirken, greifen viele Lebensmittelhändler zu einer Strategie, die den Kunden in die Irre führen kann. Anstatt die Preiserhöhungen der Hersteller zu übernehmen und an die Kunden weiterzugeben, bleiben die Regale leer und stattdessen werden Eigenmarken beworben. Was viele Verbraucher nicht wissen: Die Supermärkte haben die Preise für ihre Eigenmarken sogar noch stärker erhöht. Das führt oft dazu, dass die Kunden mehr Geld für die vermeintlich günstigeren Eigenmarken ausgeben.

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Preisanstieg bei Grundnahrungsmitteln um 32,6 Prozent

Den Preisansteig zeigt auch eine Analyse von Foodwatch. In einem beispielhaften Warenkorb mit Aldi-Eigenmarken, der Lebensmittel des täglichen Bedarfs wie Nudeln, Reis, Hackfleisch oder Tomatenmark enthielt, verteuerten sich diese innerhalb eines Jahres um 32,6 Prozent – von rund 45 Euro auf knapp 60 Euro. Frischeprodukte wie Obst und Gemüse sind dabei noch nicht einmal berücksichtigt. Da die Produkte aller Preiseinstiegs-Eigenmarken in den großen Supermärkten in der Regel auf den Cent genau gleich viel kosten, lässt sich die Verteuerung auch auf andere Handelsketten übertragen.

Das sagt Aldi zur Preiserhöhung

Eine Pressesprecherin von Aldi Süd erklärte auf Anfrage: "Bevor es zu Preisänderungen bei Artikeln kommt, prüft Aldi alle Möglichkeiten, die Mehrkosten an anderer Stelle aufzufangen. Erst wenn dies nicht mehr möglich ist, müssen Preisanpassungen vorgenommen werden". Durch die Vermeidung unnötiger Kosten bei Markenführung und Verpackung würde Aldi auch bei Eigenmarken dauerhaft den bestmöglichen Preis garantieren.

Foodwatch: Werbekampagnen verschleiern Preisanstieg bei Eigenmarken

Foodwatch kritisiert, dass Supermarktketten den Preisanstieg ihrer Eigenmarken in Werbekampagnen verschleiern und sie weiterhin als besonders günstig bewerben. Die steigenden Preise der Eigenmarken bergen für Armutsbetroffene mehrere Gefahren: Zum einen stellen sie ein Gesundheitsrisiko dar, da sich viele Menschen gesunde Lebensmittel wie Obst und Gemüse nicht mehr leisten können. Vor allem für Kinder sei dies gefährlich, da armutsbetroffene Menschen häufiger zu hochkalorischen Lebensmitteln greifen, weil diese sättigen und oft noch relativ günstig sind.

Die steigenden Lebensmittelpreise haben noch einen weiteren gefährlichen Aspekt: Sie tragen zur Verschärfung der allgemeinen Ernährungsarmut in Deutschland bei. Bereits Ende 2021 waren rund 12,5 Millionen Menschen zumindest zeitweise von Ernährungsarmut betroffen, die steigenden Preise haben diese Situation weiter verschärft.

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Forderungen an die Bundesregierung

Foodwatch fordert die Bundesregierung auf, den Regelsatz des Bürgergeldes zu erhöhen und ein kostenloses Mittagessen in Schulen und Kitas anzubieten, um steigende Lebensmittelpreise abzufedern und Fehlernährung bei Kindern vorzubeugen. Darüber hinaus sollte die Mehrwertsteuer auf Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte auf Null gesenkt werden, um gesunde Ernährung so preiswert wie möglich zu machen.