Laut Bericht wollen die Innenminister von Bund und Ländern schon in der kommenden Woche ein NPD-Verbotsverfahren beschließen.

Berlin. Eine Woche vor der Innenministerkonferenz gibt es in den Ländern viele Stimmen für ein neues NPD-Verbotsverfahren – auf eine einheitliche Linie haben sie sich jedoch noch nicht verständigt. Das ergab eine Umfrage der Nachrichtenagentur dpa am Freitag. Die „Rheinische Post“ (Freitag) hatte berichtet, nach den jüngsten Verhaftungen im Zusammenhang mit der Mordserie der Neonazi-Terrorzelle gebe es eine „überwältigende und parteiübergreifende Mehrheit“ für ein neues Verfahren. Die Innenminister beraten Ende kommender Woche über das Thema.

So ist Niedersachsen in der Frage eines neuen Verfahrens noch unentschlossen. Innenminister Uwe Schünemann (CDU) habe sich noch keine abschließende Meinung gebildet, sagte ein Sprecher in Hannover. Wenn sich ein belastbarer Zusammenhang zwischen der NPD und der Neonazi-Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) ergebe, sei dies ein gewichtiges Argument. Aus Sicht des Niedersächsischen Justizministers Bernd Busemann (CDU) müssten aber zunächst Ermittlungsergebnisse vorliegen, ehe über ein erneutes Verbotsverfahren entschieden werde, sagte ein Ministeriumssprecher.

+++Die Chancen für ein NPD-Verbot steigen+++

+++Eine beispiellose Serie rechten Terrors+++

Das Bundesverfassungsgericht hatte ein erstes Verbotsverfahren 2003 gestoppt – und zwar wegen der unklaren Rolle von V-Leuten des Verfassungsschutzes in Vorständen der NPD. Die Richter mahnten damals, das Verfahren müsse fair sein – NPD-Funktionäre könnten nicht gleichzeitig für den Staat spitzeln. Für ein neues Verfahren müssten die V-Leute zumindest aus den Führungsstrukturen abgezogen werden. Politiker hoffen, dass die Ermittlungen zur Terrorzelle belegen, dass Teile der NPD gewaltbereit sind, sich aggressiv-kämpferisch gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung wenden – und damit die hohen rechtlichen Hürden für ein Parteienverbot niedriger werden.

Zu einer möglichen Verständigung der Innenminister auf einen neuen Anlauf bei ihrer Konferenz (IMK) kommende Woche in Wiesbaden sagte eine Sprecherin des Innenministeriums in Sachsen-Anhalt am Freitag: Nach ihrer Kenntnis habe es noch keine Einigung bei dem Thema gegeben. „Unseres Wissens ist der Stand weiterhin, dass eine Verständigung zur Problematik auf der Innenministerkonferenz in der kommenden Woche stattfindet.“ Sachsen-Anhalt leitet die Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die Mittwoch und Donnerstag in Magdeburg das erste Mal tagte. Das Gremium soll klären, ob ein neuer Verbotsantrag Erfolg haben kann.

Am Dienstag war mit dem früheren NPD-Funktionär Ralf Wohlleben ein weiterer mutmaßlicher Unterstützer der Zwickauer Neonazi-Terrorzelle, der zehn Morde vorgeworfen werden, in Untersuchungshaft genommen worden. Daraufhin gewann die Debatte über ein mögliches neues Verbotsverfahren an Fahrt. Generalbundesanwalt Harald Range rechnet mit weiteren Belegen für die Nähe der Neonazi-Terrorzelle zur NPD.

Ein IMK-Beschluss für ein neues Verbotsverfahren wäre zunächst nur ein Signal. Nur Bundesregierung, Bundestag oder Bundesrat können einen Verbotsantrag stellen. Die IMK müsste den Beschluss ohne Gegenstimme fassen, da das Prinzip der Einstimmigkeit gilt. Der Bundesinnenminister ist als Gast der IMK nicht stimmberechtigt. Der Sprecher von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU), Jens Teschke, äußerte sich am Freitag in Berlin zurückhaltend zu einem neuen Verbotsverfahren. Die Risiken müssten sehr genau geprüft werden. Ein Scheitern wäre „der problematischste Ausgang“.

Der Vertreter des Bundestags im ersten NPD-Verbotsverfahren, der Juraprofessor Günter Frankenberg, äußerte sich skeptisch. „Es gibt ein Risiko, dass ein neuerlicher NPD-Verbotsantrag scheitert“, sagte er der Zeitung „Die Welt“ (Freitag). Grundsätzlich lasse sich der Vorwurf schon vermeiden, dass die Partei wegen der hohen Anzahl von V-Leuten des Verfassungsschutzes keine eigene Willensbildung mehr habe. „Dazu müssten die Verfassungsschutzämter der Länder aber bereit sein, sämtliche relevanten Spitzel aus der NPD-Führungsebene, Orts- und Kreisverbänden abzuschalten“, sagte er. Friedrichs Sprecher Teschke bestätigte, dass der Bundesinnenminister die Länder nicht anweisen kann, ihre V-Leute in der NPD abzuschalten.

(dpa)