Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) hofft auf einen Tiefststand “unter 4000“ Verkehrstoten und lobt den Führerschein mit 17.

Berlin. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) ist zuversichtlich, dass die Zahl der Verkehrstoten in Deutschland in diesem Jahr auf einen historischen Tiefstand sinkt. "Ich habe große Hoffnung, dass wir dieses Jahr erstmals unter die Schwelle von 4000 Verkehrstoten kommen werden", sagte er dem Abendblatt. "Heute, trotz eines viel höheren Verkehrsaufkommens und immer mehr Fahrzeugen auf den Straßen, nähern wir uns der 4000er-Grenze an." Mit dieser Entwicklung setzt sich ein Trend fort, der in der Bundesrepublik bereits seit Jahrzehnten kontinuierlich anhält.

Während es 1970 zu einem Höchststand mit 19 193 Opfern auf deutschen Straßen kam, belief sich diese Zahl im Jahr 2009 auf 4152. Wenn das Statistische Bundesamt Mitte August die aktuellen Halbjahreszahlen über Verkehrsunfälle vorlegt, könnte dieser Wert nun noch weiter sinken, so die Hoffnung Ramsauers. "Die Chancen dafür stehen gut: Im Mai 2010 kamen zum Beispiel 316 Menschen im Verkehr um, also 21 Prozent weniger als im Mai letztes Jahr", sagte der Minister. "Dennoch bleibt klar: Jeder Verkehrstote ist einer zu viel." In Hamburg kamen zwischen Januar und Mai dieses Jahres zehn Menschen zu Tode. Das sind vier weniger als in den gleichen Monaten im vergangenen Jahr.

Zu dem Rückgang beigetragen hätten die bessere Fahrzeugsicherheit und die strengeren Sicherheitsvorschriften, sagte Ramsauer. "Von der Gurtpflicht und Kindersicherung bis zur Straßenverkehrsordnung." Auch der Führerschein mit 17 sei ein Beitrag für mehr Verkehrssicherheit. Diese Woche billigte das Kabinett einen Gesetzesentwurf des Verkehrsministers, der die Regelung bundesweit ermöglichen soll. In einigen Ländern ist das Modell bereits getestet worden, nach dem Jugendliche ab 17 Jahren Auto fahren dürfen, wenn sie von einem erfahrenen Erwachsenen begleitet werden. "Unser Modellprojekt, das über fünf Jahre lief, hat sehr überzeugend bewiesen: Durch den Führerschein mit 17 steigt die Verkehrssicherheit erheblich", sagte Ramsauer.

In Hamburg können Jugendliche diese Möglichkeit bereits seit Juni 2005 nutzen.

2291 junge Leute haben allein 2009 in der Hansestadt an dem Projekt teilgenommen. Gemessen an allen Fahranfängern unter 19 Jahren ist das ein Anteil von rund 39 Prozent. Bundesweit hat sich sogar jeder zweite Anfänger für das Fahren ab 17 entschieden. Noch höher ist der Wert in Niedersachsen: Hier liegt er bei 57 Prozent. Verkehrsexperten begrüßen das Fahren ab 17. "Das ist eine gute und sinnvolle Maßnahme", sagte Dietmar Otte, Leiter der Verkehrsunfallforschung an der Medizinischen Uni Hannover. Den Rückgang der Verkehrstoten begründet er vor allem mit technischen Fortschritten an den Fahrzeugen. "Maßnahme Nummer eins der letzten Jahre ist ganz klar der Sicherheitsgurt", sagte er. Aber auch Airbags und unfallverhütende Techniken wie das Antiblockiersystem ABS würden den Schutz deutlich erhöhen.

Allerdings gilt auch: "Es sind weiterhin ausreichend Konfliktsituationen da. Der Verkehr auf deutschen Straßen hat genauso zugenommen wie die Anzahl der Fahrzeuge, die dort jeden Tag unterwegs sind", so Otte. 52 Millionen waren es im vergangenen Jahr. "Hauptunfallursache ist dabei nach wie vor eine hohe Geschwindigkeit", erklärte der Experte. Eine Begrenzung sei deshalb sinnvoll. "Insbesondere auf Landstraßen wäre das wichtig." Matthias Knobloch vom Autoclub Europa (ACE) empfiehlt zudem, über die Promillegrenze nachzudenken: "Seit die Null-Promille-Grenze in der Probezeit gilt, hat sich die Unfallquote bei Fahranfängern zum Beispiel deutlich verbessert."

Die Polizei hat im ersten Quartal 2010 rund 571 400 Straßenverkehrsunfälle erfasst, das ist gegenüber dem Vorjahreszeitraum eine Zunahme von 6,1 Prozent. Dabei ist die Zahl der Personenschäden um 11 Prozent gesunken, dafür wurden mehr Unfälle mit einem reinen Sachschaden verzeichnet. Ramsauer sagte, trotz der erneut gesunkenen Zahl der Verkehrstoten, "lassen wir in unserem Engagement für mehr Sicherheit auf den Straßen nicht nach".