Der hessische Ministerpräsident gibt seine Ämter schon zum 31. August auf. Innenminister Volker Bouffier soll ihm nachfolgen.

Wiesbaden. Hessens Ministerpräsident Roland Koch (52; CDU) will sich aus der Politik zurückziehen. Koch, der auch stellvertretender Vorsitzender der CDU im Bund ist, will Ende August seine Ämter niederlegen. Seinen Posten in Hessen soll Innenminister Volker Bouffier (CDU) übernehmen. „Politik ist nicht mein Leben – Mensch und Amt sind nicht verwachsen", sagte Koch bei einer Pressekonferenz. Koch sagte, er wechsele nicht von einem Amt ins andere. Er wolle ein paar Monate „durchatmen" und in ein normales Leben zurückkehren. Man werde ihn noch lange nicht auf der Pensionsliste des Landes Hessen sehen.

Koch sagte, er werde sich anschauen, was die Zeit bringe. Er deutete an, dass er sich einen Wechsel in die Wirtschaft vorstellen könne. Schließlich sei er selbstständiger Rechtsanwalt. Während der Schritt für die Öffentlichkeit überraschend kam, wusste Kanzlerin Angela Merkel nach Kochs Worten bereits seit einem Jahr von seinen Plänen. Den Zeitpunkt begründete Koch damit, dass er nicht direkt nach seiner Wiederwahl im vergangenen Jahr und auch nicht vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen zurücktreten wollte.

Merkel ließ in Berlin eine Erklärung verbreiten: „Ich habe den Rückzug mit Respekt, aber auch großem Bedauern zur Kenntnis genommen.“ Die Kanzlerin würdigte Koch als einen „guten, freundschaftlichen Ratgeber“ und kündigte an, „auch in Zukunft fest auf seinen Rat“ zu bauen.

Kochs Nachfolger soll Innenminister Volker Bouffier werden. Bouffier soll Mitte Juni auf einem Parteitag zunächst zum neuen Landesvorsitzenden gewählt werden, wie Koch am Dienstag nach einer CDU-Kreisvorsitzendenkonferenz in Bad Nauheim mitteilte.

Mit Koch soll auch Umwelt- und Landwirtschaftsministerin Silke Lautenschläger das Kabinett verlassen. Ihren Rückzug begründe sie mit dem Abgang Kochs aus der Politik, den sie intern als ihr Vorbild bezeichnet habe. Bouffier (58) ist auch stellvertretender Landesvorsitzender der CDU in Hessen. In den vergangenen Wochen war er in der sogenannten Polizeiaffäre unter Beschuss geraten.

In einem Untersuchungsausschuss des Landtags warf ihm die Opposition vor, einen Parteifreund unter zweifelhaften Umständen zum Präsidenten der hessischen Bereitschaftspolizei befördert zu haben.

In Hessen galt Koch über Jahre als politisches Stehaufmännchen: Mehrfach war der Jurist dem Ende seiner politischen Karriere nahe, etwa, als er im Jahr 2000 der Lüge in Sachen schwarze Kassen der hessischen CDU bezichtigt wurde, nach der schweren Niederlage bei der Landtagswahl Ende Januar 2008 und vor der geplanten Wahl Andrea Ypsilantis zur Ministerpräsidentin einer rot-grünen Koalition mit Hilfe der Linken. Das Vorhaben der SPD-Politikerin scheiterte jedoch an vier Abweichlern in der eigenen Partei, und Koch konnte nach einer Neuwahl die Koalition mit der FDP in Hessen fortsetzen.

Der Präsident des Wirtschaftsrates der CDU, Kurt Lauk, sagte: „Der Rückzug von Roland Koch wird ein schwerer Verlust für die Union wie für unser Land. Seine oft auch über Parteigrenzen hinaus anerkannte finanz- und wirtschaftspolitische Kompetenz ist ein hoher Wert in der Union." Koch habe immer wieder die richtigen Themen auch aufgegriffen, wenn sie unpopulär waren.

Der Vorsitzende der hessischen CDU-Landesgruppe im Bundestag, Michael Meister, nannte den Rückzug Kochs einen „großen Verlust für die CDU, das Land Hessen und den Bund“. Im Gespräch mit „Spiegel online“ bezeichnete der stellvertretende Unionsfraktionschef Koch als „großen Politiker mit für die Politik ungewöhnlich klaren Positionierungen“. Seine Entscheidung müsse man respektieren, fügte Meister hinzu.