Er hatte schon einmal seine Sachen gepackt. Doch dass Roland Koch (CDU) Ministerpräsident von Hessen bleiben durfte, lag nicht an seiner Stärke, sondern an der Selbstzerfleischung des Gegners. Von ihnen hat Koch viele. Dabei war er als Deutschlands jüngster Ministerpräsident einst mit viel Vorschusslorbeer ins Amt gestartet. Bilder aus der Amtszeit von Roland Koch.

Wiesbaden/Hamburg. Er hatte im vergangenen Jahr schon einmal seine Sachen gepackt. Das Büro war beinahe geräumt, als Roland Koch (CDU) dann doch Ministerpräsident von Hessen bleiben durfte. Es lag nicht an seiner Stärke, sondern an der Selbstzerfleischung des politischen Gegners.

Von ihnen hat Koch viele. Auch sie werden überrascht sein, dass Koch in diesen Tagen sein zehnjähriges Jubiläum als Regierungschef in Hessen feiert.

Am 7. April 1999 ließ er sich als Deutschlands jüngster Ministerpräsident vereidigen. Im selben Landtag, in dem auch schon der spätere Bundesaußenminister Joschka Fischer in Turnschuhen die Hand zum Eid als Landesminister hob. Koch hatte bei seinem Amtsantritt vor zehn Jahren die rot-grüne Landesregierung gekippt und die ebenfalls rot-grüne Bundesratsmehrheit gebrochen.

Er galt als sogar als möglicher Anwärter auf die Kanzlerkandidatur. Denn die CDU war nach 16 Jahren Kanzlerschaft unter Helmut Kohl dringend wandlungsbedürftig.

Der studierte Rechtsanwalt aus der Frankfurter Trabantenstadt Eschborn gilt als spröde, aber durchsetzungsfähig. Koch hat mit seinen Wahlkämpfen und seinen teilweise extremen Aussagen polarisiert. Jedoch ist sein Wirtschafts-Know-how allerorten geschätzt.

Die unappetitliche Schwarzgeld-Affäre der hessischen CDU brachte ihn in den Verdacht illegaler Parteienfinanzierung. In einem internen Machtkampf mit der heutigen Bundeskanzlerin Angela Merkel manövrierte er sich außerdem ins Unions-Abseits. Und bei der Landtagswahl 2008 fuhr er eine Kampagne gegen kriminelle Ausländer, während seine SPD-Herausforderin Andrea Ypsilanti auf die Schulpolitik setzte. "Hessische Verhältnisse" waren die Folge, das Land war beinahe ein Jahr unregierbar.

Profiteur der folgenden SPD-Malaise war am Ende Koch. Ypsilanti und ihr Wortbruch, es doch mit der Linkspartei und einer Minderheitsregierung zu versuchen, machten aus dem geschäftsführenden Ministerpräsidenten Koch wieder eine "echten". Die 2008 verlorenen Wähler kamen zwar auch nicht zu Koch zurück. Doch prozentual reichte es für ihn und die FDP zu einer mehrheitsfähigen Regierung.

Einen Denkzettel erhielt der selbst von Gegnern als analytisch und klug beschrieben Koch bei der Wahl zum Ministerpräsidenten. Auf vier Stimmen der eigenen Koalition musste er verzichten.

Beobachter glauben, dass Koch nach der Bundestagswahl am 27. September nach Berlin oder Brüssel wechselt. Er könnte Wirtschafts- oder Finanzminister werden. Auch über einen Posten als EU-Kommissar ist schon spekuliert worden. Koch selbst hüllt sich in Schweigen. Er sagt nur: "Ich bin sehr gern Ministerpräsident. Das Land hat sich ein Stück so verändert, wie ich mir das erhofft hatte, als ich politische Verantwortung übernommen habe ohne dass ich der Auffassung bin, dass nun alles in Ordnung und nichts mehr zu tun ist."

Der Ministerpräsident ist ein glühender Verehrer und Freund des geistigen Oberhaupt der Tibeter, des Dalai Lama. In diesen Tagen hat der einstige Marktradikale sogar auf einen anderen Kurs umgeschwenkt. Um das Opel-Werk in Rüsselsheim und die Standorte in Deutschland zu retten, wäre Koch sogar für mehr Staatshilfen zu gewinnen als viele Parteifreunde.