Margot Käßmann zog die Konsequenzen aus ihrem gefühlten Autoritätsverlust. Andere Prominente gingen nicht so freiwillig von der großen Bühne ab.

Hamburg. Sie hat sich entschieden: Margot Käßmann hat all ihre Ämter niedergelegt - obwohl der Rat der EKD hinter ihr stand. Sie ist nicht die erste öffentliche Person, die nach einem mehr oder weniger großen Skandal ihren Job abgibt. Vier prominente Fälle:

"Glatteis-Affäre" in Hamburg: Der Fall Berndt Röder

Eine Affäre beschäftigte Hamburg fast 14 Tage. Hauptprotagonist: CDU-Politiker Berndt Röder, inzwischen ehemaliger Bürgerschaftspräsident. Der 61-Jährige hatte seine Wohnstraße im Stadtteil Groß Borstel von der Stadtreinigung von Eis und Schnee befreien lassen, während im Rest der Stadt wenig geschehen war.

Erst hatte sich Röder öffentlich entschuldigt, von einem Rücktritt jedoch abgesehen. Seine Intervention bei Bezirksämtern und Behörden sei nicht richtig gewesen. „Ich habe die Folgen meiner Anrufe, die ich in meiner starken Verärgerung getätigt habe, vollkommen unterschätzt. Ich hätte auf keinen Fall meine eigene Straße auch nur erwähnen dürfen“, sagte er. Medien spekulierten jedoch, ob Röder wirklich die Wahrheit gesagt hat. Danach habe er doch nicht nur die allgemeine Situation kritisiert, sondern ausschließlich seine Straße gemeint. Letztlich trat Röder auf Drängen der Hamburger CDU-Spitze zurück.

"Ein absolut reines Gewissen": Der Fall Christoph Daum

Legendär ist die Pressekonferenz vom 9. Oktober 2000, auf der der damalige Trainer von Bayer Leverkusen verkündete, er habe freiwillig eine Haarprobe abgegeben, um diese auf Kokain testen zu lassen. "Ich tue das, weil ich ein absolut reines Gewissen habe." Kurze Zeit später stand fest: Daum hatte sehr wohl Kokain konsumiert. Er verlor seinen Job in Leverkusen und seinen Vertrag mit dem DFB und ging in die Türkei.

Wie konnte es dazu kommen? Daum (heute 56) war im Jahr 1996 nach einer Zeit als Trainer in der Türkei nach Deutschland zurückgekehrt. Er unterschrieb bei Bayer Leverkusen und machte die Mannschaft innerhalb kurzer Zeit zu einem der erfolgreichsten Teams der Bundesliga. Im Sommer 2000, nach der desaströsen EM, bestimmte der DFB Daum zum neuen Bundestrainer ab Juni 2001. Doch im Oktober 2000 berichtete die Münchner Abendzeitung plötzlich über möglichen Drogenmissbrauch Daums. Um allen Gerüchten entgegenzuwirken, ließ die Haarprobe entnehmen - und besiegelte damit sein Schicksal.

Rudi Völler wurde Teamchef der Nationalmannschaft, Daum wurde mit vier anderen Verdächtigen wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz, unerlaubten Erwerbs von Kokain in 63 Fällen und Anstiftung zum Drogenhandel angeklagt. Im Mai 2002 wurde Daum in den meisten Punkten freigesprochen, in zwölf Fällen wurde das Verfahren gegen eine Geldbuße eingestellt. Von Ende 2006 bis Mitte 2009 arbeitet Daum noch einmal als Trainer des 1. FC Köln, heute trainiert er Fenerbahce Istanbul.

Vom Bürgermeister entlassen: Ronald Schill

Bundesweit berühmt wurde der heute 51-Jährige Ronald Barnabas Schill schon in den 90-er Jahren. Als "Richter Gnadenlos" am Amtsgericht Hamburg erwarb er sich den Ruf, besonders harte Strafen zu verhängen. Schill wurde später Innensenator, musste aber schon nach zwei Jahren gehen - der Erste Bürgermeister feuerte ihn.

Hintergrund: Im Juli 2000 gründete Ronald Schill die rechtspopulistische "Partei Rechtsstaatlicher Offensive" (PRO). Als Spitzenkandidat bei der Bürgerschaftswahl 2001 holte er für seine Partei 19,4 Prozent. CDU und FDP bildeten mit der PRO eine Koalition und stellten den neuen Senat. Ole von Beust wurde Erster Bürgermeister, Schill Innensenator. Seine Amtszeit verlief allerdings denkbar holprig. So wurde zum zweiten Mal wegen Rechtsbeugung und Freiheitsberaubung gegen ihn verhandelt (Freispruch), und der Senator machte mit markigen Forderungen Schlagzeilen. So schlug er etwa vor, Zuwanderer zwangsweise untersuchen zu lassen, um Seuchen zu vermeiden. Er stolpere "von einer Peinlichkeit zur nächsten", befand damals die Zeit.

Im August 2003 dann der Eklat. Schill drohte dem Bürgermeister nach dessen Aussage mit Enthüllungen zu einer angeblichen homosexuellen Beziehung, wenn er den umstrittenen PRO-Innenstaatsrat Walter Wellinghausen entlasse. Von Beust machte kurzen Prozess und entließ Schill. Die Koalition regierte zunächst ohne ihn weiter, scheiterte aber Ende 2003. Schill wurde als PRO-Landesvorsitzender abgesetzt, von der Fraktion ausgeschlossen und musste wenig später auch die Partei verlassen. Seine neu gegründete Fraktion schloss sich einer anderen Partei an, scheiterte aber bei der Bürgerschaftswahl 2004. Schill kündigte daraufhin an, nach Südamerika auszuwandern. Gerüchten zufolge lebt er heute in Kuba.

Gefallener Muster-Vorstand: Der Fall Klaus Zumwinkel

Zumwinkel (66), ehemals Chef der Deutschen Post AG, ist das prominenteste Opfer der "Liechtenstein-Affäre" vom Jahr 2008. Die Bundesregierung hatte damals Daten von Steuersündern aufgekauft, die Geld an den deutschen Behörden vorbei nach Liechtenstein geschleust haben sollten. In dem Zusammenhang wurde auch Zumwinkels Haus durchsucht. Die Staatswanwaltschaft Bochum leitete ein Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung ein. Am 15. Februar 2008 trat Zumwinkel als Vorstandsvorsitzender der deutsche Post AG sowie als Aufsichtsratsvorsitzender der Postbank und der Deutschen Telekom zurück.

Er hatte damals eine steile Karriere hinter sich. Seit 1989 an der Spitze der Post, regelte Zumwinkel die Privatisierung des Staatskonzern und wandelte es zu einem der größten Unternehmen Deutschlands um. Erst im November 2004 war sein Vertrag noch einmal um vier Jahre verlängert worden. Zumwinkel galt allgemein als vorbildlicher Unternehmer, dem es nicht nur um seinen eigenen Profit ging. Sein Fall war um so tiefer. Gleich zu Beginn des Prozesses gestand er, fast eine Million Euro an den deutschen Behörden vorbeigeschleust zu haben. Im Januar 2009 wurde er wegen Steuerhinterziehung zu 24 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Er musste außerdem eine Geldbuße von einer Million Euro zahlen. Zumwinkel verließ Deutschland und zog in ein Schloss am Gardasee.

1. EIN PORTRÄT ÜBER MARGOT KÄßMANN

2. RÜCKTRITTSERKLÄRUNG VON KÄßMANN IM WORTLAUT