Margot Käßmann hat die Konsequenzen gezogen. Ganze fünf Minuten brauchte die Ratsvorsitzende der evangelischen Kirche und Hannoversche Landesbischöfin, um ihren Rücktritt aus allen Ämtern zu erklären.

Damit hat sie die Maßstäbe in der aufgeheizten Diskussion nach ihrer Trunkenheitsfahrt wieder zurechtgerückt. Nicht, weil sie den schweren Fehler öffentlich zugibt und Reue zeigt, sondern weil sie an sich den gleichen moralischen Anspruch anlegt, den sie bei anderen immer wieder eingefordert hat. Das verdient Respekt. Stammtischparolen über die Doppelmoral kirchlicher Amtsträger sind im Keim erstickt, der Schaden für die Institution Kirche begrenzt.

Aber es gibt noch eine andere Facette. Der schnelle Rücktritt zeigt, unter welchem Druck Käßmann stand - als erste Frau an der Spitze der evangelischen Kirche, als streitbare Kämpferin für Frieden und Gerechtigkeit und als eine Kirchenfrau, die nie einen Hehl aus ihrer Fehlbarkeit gemacht hat. Denn während ihre volksnahe, zupackende Art der Bischöfin Käßmann Begeisterung einbrachten, wurde sie im Amt der Ratspräsidentin argwöhnisch beäugt. Wie unvorbereitet sie das traf, zeigt ihre Verwunderung über die harsche Kritik nach ihrer mahnenden Predigt zur Afghanistan-Politik. Auch wenn sich die Kirche offiziell vor sie stellte, spätestens seit der zurückhaltenden Unterstützung nach Bekanntwerden ihres Fehlverhaltens musste Käßmann klar sein, dass der Wind rauer geworden war.

In dieser Situation musste sich die Autofahrt mit 1,54 Promille zur persönlichen Tragödie entwickeln. Käßmann entschied sich für den Befreiungsschlag. Ihr gehe es neben dem Amt auch um Respekt und Achtung vor sich selbst und ihrer Geradlinigkeit, hat sie gestern gesagt. Margot Käßmann ist ihrem Herzen gefolgt - statt wie manch anderer die Krise auszusitzen - und bleibt Vorbild. Nicht nur für die Kirche ist ihr Rücktritt ein großer Verlust.