Viele bedauern, dass die Bischöfin nach ihrer Trunkenheitsfahrt aufgibt. Ihr Nachfolger spricht aber auch von einem Image-Schaden für die evangelische Kirche.

Hannover/Berlin. Der Rücktritt Margot Käßmanns vom Ratsvorsitz der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hat bei vielen Vertretern aus Politik und Kirchen Bedauern hervorgerufen. "Ich habe die Zusammenarbeit mit Bischöfin Käßmann sehr geschätzt", erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Berlin.

"Ich hoffe, dass sie sich auch weiterhin zu Wort melden wird", sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel. Er habe Käßmann als "verlässliche Anwältin für Solidarität" und starke Persönlichkeit kennengelernt.

"Sie hat hinsichtlich ihrer persönlichen Entscheidung meinen Respekt", sagte Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff . "Für uns in Niedersachsen war sie die ideale Besetzung, da sie sich als engagierte Christin in Wort und Tat, mit Herz und Verstand für die Hannoversche Landeskirche, für die gesamte Evangelische Kirche in Deutschland und für die Menschen eingesetzt hat."

Der neue kommissarische EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider und die Präses der EKD-Synode, Katrin Göring-Eckardt, zeigten sich betroffen von Käßmanns Rücktritt. Das sei ein schwerer Verlust für den deutschen Protestantismus, erklärten sie. "Wir wissen uns auch zukünftig im gemeinsamen Glauben getragen und in unserer Kirche verbunden." Schneider räumte allerdings ein, dass die Alkohol-Affäre einen Image-Schaden für die Kirche bedeute und auch die Autorität der Bischöfin habe durch ihre Trunkenheitsfahrt gelitten. "Es wäre eine schwere gemeinsame Zeit gewesen, sich diese Autorität wieder zu erabeiten", sagte der 62-Jährige in Düsseldorf.

Der Vizepräses der EKD-Synode, Günther Beckstein, sah das etwas anders: "Von mir aus hätte sie bleiben können." Nach evangelischem Amtsverständnis sei ein Bischof oder eine Bischöfin auch nur ein fehlbarer Mensch, so der ehemalige bayerische Ministerpräsident und CSU-Politiker.

"Ich bin sehr traurig und tief erschüttert", erklärte Hamburgs Bischöfin Maria Jepsen. "Margot Käßmann hat in dieser schwierigen Situation in aller Klarheit zu ihren Fehlern gestanden und zeigt mit ihrer Entscheidung, dass sie die eigene Authentizität und Glaubenskraft auch in diesen Tagen durchhalten konnte. Es ist nicht einfach, einen Fehler einzugestehen und um Vergebung zu bitten."

Auch die katholische Kirche zollte Respekt. "Ich kenne Frau Käßmann seit Langem als einen Menschen, der bereit ist, Verantwortung zu übernehmen", sagte Erzbischof Robert Zollitsch gestern in Freiburg. Er respektiere gerade deshalb ihre Entscheidung und könne diesen Schritt verstehen, so der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz. "Ich wünsche ihr in dieser schwierigen Stunde Gottes Segen."

Mit diesem Schritt habe die Bischöfin Mut bewiesen, erklärte Charlotte Knobloch, Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, und fügte hinzu: "Ich schätze Frau Käßmann insbesondere wegen ihres aufrichtigen Charakters und ihres hartnäckigen Engagements gegen den Rechtsextremismus." Frauenrechtlerin und Autorin Alice Schwarzer schrieb in einem Kommentar für "Spiegel Online": "Ich bedauere den Rücktritt von Margot Käßmann sehr! Und ich finde es falsch, dass sie diese dramatische Konsequenz gezogen hat. Falsch für uns Frauen, falsch für die fortschrittlichen Protestantinnen in Deutschland - und falsch für sie selbst." Es gebe zwar "reichlich Grund zu Scham und Reue", aber Käßmann hätte sich "nicht wegen eines einmaligen Strauchelns gleich selbst zu Fall bringen müssen".