Hamburgs früherer Bürgermeister Ole von Beust (CDU) zu den Chancen einer schwarz-grünen Koalition auf Bundesebene.

Hamburg. Der frühere Erste Bürgermeister Ole von Beust (CDU) schmiedete 2008 das bislang einzige schwarz-grüne Bündnis auf Landesebene, das bis 2010 hielt. Im Gespräch mit Abendblatt-Redakteur Peter Ulrich Meyer äußert er sich skeptisch zu den Chancen für Schwarz-Grün im Bund.

Hamburger Abendblatt: Ist das jetzt der Augenblick, in dem Schwarz-Grün auf Bundesebene kommen muss?

Ole von Beust: Von Müssen kann nicht die Rede sein. Nur weil Schwarz-Grün rechnerisch möglich ist, heißt es nicht, dass es auch kommt.

Was wären die Voraussetzungen?

Von Beust: Die Grünen müssten sich zum Beispiel im Bereich Industrie- und Infrastrukturpolitik hin zu mehr Wirtschaftsfreundlichkeit bewegen. Die Union müsste sich stärker als bisher Themen wie der Integration und dem Umgang mit Minderheiten öffnen.

Wie schätzen Sie die Chancen ein?

Von Beust: Das wird sehr schwer. Die Grünen sind nach dem für sie enttäuschenden Wahlergebnis erst einmal sehr mit sich selbst beschäftigt. Ich habe Zweifel, ob sie im Augenblick die Kraft haben, mit einer übermächtigen Union ein Bündnis einzugehen. Andererseits ist die CSU als Hüterin konservativer Werte durch die Bayern- und die Bundestagswahl gestärkt. In der CSU gibt es stärkere prinzipielle Vorbehalte einem schwarz-grünen Bündnis gegenüber als in den norddeutschen Landesverbänden der CDU zum Beispiel.

Läuft also alles auf eine Große Koalition hinaus?

Von Beust: Ich rechne damit, dass Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD aufgenommen werden. Allerdings waren die Verletzungen, die das schlechte Wahlergebnis ausgelöst hat, bei den Sozialdemokraten schon am Wahlabend deutlich zu spüren. Dazu passt der Spruch der SPD, dass der Ball jetzt im Feld von Angela Merkel liege. Es ist also die Frage, ob sich die SPD ihrer staatspolitischen Verantwortung verweigert. Inhaltlich gibt es auf Bundesebene die größeren Übereinstimmungen zwischen Union und SPD als zwischen Union und Grünen.

Ist Schwarz-Grün ausgeschlossen?

Von Beust: Wenn sich die SPD sehr zickig bei den Koalitionsgesprächen anstellen sollte, kann der Zeitpunkt kommen, zu dem Angela Merkel die Notbremse zieht. Dann müssen Union und Grüne eventuell doch über ihren Schatten springen.