Minister der Regierung Merkel seien nur noch ein Jahr im Amt, verkündet der Kanzlerkandidat – doch die Umfragewerte sind nicht gut.

Berlin. Der designierte SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück will trotz schlechter Umfragewerte ausschließlich auf eine rot-grüne Koalition setzen. Mit Blick auf CDU, CSU und FDP sagte Steinbrück am Samstag auf dem SPD-Landesparteitag in Münster: „Wir wollen alle drei rausschmeißen aus dieser Regierung.“

Führende SPD-Vertreter versuchten am Wochenende Debatten über eine große Koalition oder ein Ampel-Bündnis mit Grünen und FDP nach der Bundestagswahl 2013 im Keim zu ersticken. Ziel sei klar Rot-Grün - doch in jüngsten Umfragen liegt das Bündnis nur bei 40 Prozent.

Das Kabinett von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stehe nur noch für Klientelpolitik und völlige Orientierungslosigkeit, sagte Steinbrück. Er rief zu einem scharfen, engagierten Wahlkampf auf. Steinbrück war am Freitag vom Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel als Kanzlerkandidat für die Wahl in einem Jahr vorgeschlagen worden.

Am Montag soll der frühere Bundesfinanzminister (2005 – 2009) und Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen (2002 – 2005) vom Vorstand in Berlin offiziell nominiert werden. Für den 9. Dezember ist die Kür durch einen Sonderparteitag im niedersächsischen Hannover geplant. Von der Parteilinken kam überraschenderweise kaum Kritik an Steinbrück, dem sie wiederholt vorwarf, nicht immer rückhaltlos hinter der SPD-Programmatik zu stehen.

Der 65-Jährige schloss eine erneute Ministerrolle unter Merkel aus. „Ich bin nicht zu gewinnen für ein Kabinett Merkel.“ Steinbrück warnte seine Partei vor Spekulationen über eine Ampel-Koalition. Ein Bündnis unter Beteiligung von Linken oder Piraten schloss er aus. „Wir beschäftigen uns nicht mit Szenarien, die wir nicht anstreben und die wir auch nicht wollen.“ Die SPD setze eindeutig auf Sieg.

Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft sagte Steinbrück die volle Unterstützung des größten SPD-Landesverbands zu. „Wir freuen uns darüber, dass ein Nordrhein-Westfale der nächste Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland wird. Wir stehen alle hinter dir.“ Nordrhein-Westfalen habe gezeigt, dass Rot-Grün gut gelingen könne. Kraft wurde in Münster mit 99,1 Prozent der Stimmen als Landesvorsitzende bestätigt.

Der Parlamentarische Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Die FDP ist mit Rot-Grün nicht koalitionsfähig, solange sie den Mindestlohn bekämpft, die Vermögenssteuer blockiert und eine durchgreifende Regulierung der Finanzmärkte verhindert“. Die FDP müsste sich schon neu erfinden.

Doch jüngste Umfragen sehen für die SPD wenig rosig aus. In einer Emnid-Umfrage für die „Bild am Sonntag“ liegt die SPD mit 27 Prozent 10 Punkte hinter der Union (37 Prozent). Rot-Grün käme zusammen nur auf 40 Prozent. Die derzeitige Regierungskoalition liegt trotz der Schwäche der FDP (5 Prozent) bei 42 Prozent. Würde der Kanzler direkt gewählt, käme Merkel auf 46 Prozent, Steinbrück auf 37 Prozent.

Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) betonte im „Spiegel“ mit Blick auf Steinbrück: „Mit seiner Nominierung sind die Chancen der SPD erheblich gestiegen“. Dieser versicherte, die bisherige SPD-Troika mit Gabriel, Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier und ihm lasse sich nicht auseinander dividieren. Er rief die Partei zu „größtmöglicher Geschlossenheit“ im Wahlkampf auf. „Mir ist die Dimension dieser Herausforderung sehr bewusst.“ Man müsse verhindern, dass die eigene Wählerschaft durch pseudo-sozialdemokratische Positionen Merkels demobilisiert werde und bei der Bundestagswahl zu Hause bleibe.

Mit Blick auf seine Rolle in den kommenden zwölf Monaten bis zur Wahl sagte er: „Das Programm muss zu dem Kandidaten passen und umgekehrt der Kandidat zum Programm.“ Die Partei müsse ihm „aber auch etwas Beinfreiheit einräumen“. Zum Umgang mit der Steuerpolitik der Schweiz griff Steinbrück eine Bemerkung aus Minister-Zeiten auf: „Ob ich mir Bilder wie die Kavallerie ausdenke, weiß ich noch nicht so genau. Manchmal habe ich den Eindruck, man hätte nicht nur über sie reden sollen, sondern man hätte sie auch satteln sollen“.