Ein Gutachten im Auftrag der SPD- Bundestagsfraktion untersucht die Inhalte des neuen Gesetzes und fällt ein verrheerendes Urteil.

Berlin. Das geplante Betreuungsgeld verstößt nach einem von der SPD-Bundestagsfraktion in Auftrag gegebenem Gutachten gegen die Verfassung. Der Verwaltungsrechtler Joachim Wieland (Speyer) sieht in dem auch koalitionsintern umstrittenen Vorhaben unter anderem einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz. Zudem greife es mit seinen finanziellen Anreizen in das Recht der Eltern ein, über die Betreuungsform ihrer Kinder selbst zu entscheiden – in dem es für eine Gruppe finanzielle Anreize setze, sagte Wieland am Dienstag.

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Wieland verweist in seinem Gutachten auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtes, wonach es Pflicht des Staates ist, „Grundlagen dafür zu schaffen, dass Familientätigkeit und Erwerbstätigkeit aufeinander abgestimmt werden können“. Vor diesem Hintergrund verstoße es gegen den Gleichheitsgrundsatz, wenn man den Eltern eine Geldprämie zahle, die steuerfinanzierte Kitas nicht in Anspruch nehmen: Wer die ebenfalls vom Staat finanzierten Autobahnen, Theater oder Büchereien nicht nutze, bekomme auch kein Extra-Geld.

Zum Modell des Betreuungsgeldes liegen bereits mehrere frühere Gutachten vor, unter anderem im Auftrag der Grünen und der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung. Auch darin wird jeweils der Nutzen und die Verfassungskonformität des Betreuungsgeldes bestritten. Derzeit bereitet das Land Hamburg eine Verfassungsklage vor. Damit soll dem Bund das Recht abgesprochen werden, wegen der föderalen Grundordnung überhaupt ein solches Gesetz für eine bundeseinheitliche Regelung vorzulegen.

Wieland hat sich bei seinem Gutachten allein auf die Inhalte des aktuellen Gesetzentwurfes der Koalition beschränkt. Dabei zählt er vier Punkte als verfassungswidrig auf: Zum einen beanstandet er eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes und einen Eingriff des Staates in die elterliche „Betreuungsfreiheit“. Außerdem die nach dem Gesetzentwurf mögliche Regelung, dass bestimmte Eltern im 13. und 14. Lebensmonat ihrer Kinder doppelt kassieren können – in dem sie gleichzeitig Elterngeld und Betreuungsgeld erhalten. Dies hat bereits auch die FDP beanstandet.

Zudem sieht Wieland mit dem Gesetzentwurf einen Verstoß gegen das Verfassungsgebot der Gleichstellung von Frau und Mann. Mit dem Betreuungsgeld würden „die überkommene Rollenverteilung zwischen den Geschlechtern verfestigt“.

Mit Material von dpa