Bundesfamilienministerin Kristina Schröder überreichte der Integrationsbeautragten eine neue Studie zum Thema Zwangsehen.

Berlin. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), hat Zwangsverheiratungen als schwere Menschenrechtsverletzung verurteilt. Viele Opfer von Zwangsehen hätten zwar die deutsche Staatsangehörigkeit, die Mehrheit der Ehen werde jedoch im Ausland geschlossen, erläuterte Böhmer am Mittwoch in Berlin. Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) überreichte der Integrationsbeauftragten eine neue Studie über Zwangsehen in Deutschland.

Der Untersuchung zufolge stammen fast zwei Drittel der Opfer von Zwangsehen (59,4 Prozent) aus stark religiös geprägten Migrantenfamilien. Knapp die Hälfte (44 Prozent) der Zwangsverheirateten oder davon Bedrohten waren deutsche Staatsbürger. Die Studie beruht auf der Befragung von 830 Beratungsstellen, von Migrantenorganisationen und Schulen. Insgesamt wurden 2008 in den Beratungsstellen 3.443 Fälle von Zwangsehen registriert.

Die Eltern der Betroffenen sind zu mehr als 80 Prozent Muslime. Der Zusammenhang mit dem Islam dürfe nicht geleugnet werden, sagte Schröder, warnte aber zugleich vor Pauschalurteilen. Die Muslime sollten selbst zu einer Lösung des Problems beitragen. So müssten islamische Autoritäten in Deutschland es noch stärker als ihre Aufgabe begreifen, Eheschließungen unter Zwang zu verweigern. Die Ministerin wies aber auch darauf hin, dass die Studie nicht repräsentativ für alle Migranten muslimischer Herkunft in Deutschland ist.

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Von den Betroffenen sind 23 Prozent in der Türkei geboren, acht Prozent in Serbien, dem Kosovo oder Montenegro und sechs Prozent im Irak. Bei den Eltern ist die Türkei mit 44 Prozent das häufigste Herkunftsland. Viele der Opfer, die sich meldeten, hätten in ihrer Familie bereits Gewalt erfahren, gingen häufig noch zur Schule und hätten schlechte Deutschkenntnisse, sagte Schröder. Zwangsverheiratungen müssten in den Schulen zur Sprache gebracht werden. Zwei Drittel der Schulen hielten das Thema offenbar in ihrem Alltag nicht für wichtig.

Die Ministerin kündigte an, bis Ende nächsten Jahres ein bundesweites Hilfstelefon „Gewalt gegen Frauen“ einzurichten. Es soll rund um die Uhr und in mehreren Sprachen angeboten werden. Der Bundestag will darüber in dieser Woche erstmals beraten.

Die fast 160 Seiten umfassende Studie wurde federführend von der Hamburger Lawaetz-Stiftung und der Frauenorganisation Terre des Femmes erstellt. (epd)