Berlin. Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) will stärker gegen Zwangsehen vorgehen. Sie forderte Spitzenvertreter des Islam in Deutschland auf, dieses Vorhaben zu unterstützen. Zwangsverheiratungen seien mit dem Grundgesetz nicht vereinbar, egal ob sie familiär, kulturell oder religiös begründet seien. In einem Beitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" appellierte die Ministerin auch an Schulen, dieses Thema stärker zur Sprache zu bringen. Drei Viertel der im Rahmen einer aktuellen Studie befragten Schulen hätten Zwangsehen als ein für sie nicht wichtiges Thema bezeichnet. Die komplette Studie zu diesem Thema will Schröder heute in Berlin vorstellen.

"Wir müssen erreichen, dass islamische Autoritäten es noch stärker als ihre Aufgabe begreifen, Zwangsverheiratungen zu verweigern und dagegen einzuschreiten", unterstrich die Ministerin. Sie kündigte für Ende 2012 die Einrichtung eines bundesweiten Hilfstelefons "Gewalt gegen Frauen" an. Betroffene sollten dort rund um die Uhr mehrsprachig Hilfe erhalten.

3443 Zwangsehen hätten die Beratungsstellen 2008 im Land registriert, sagte die Ministerin. Dabei sei die Dunkelziffer nicht abzuschätzen. Da laut Studie mehr als 80 Prozent der beteiligten Eltern Muslime seien, dürfe der religiöse Aspekt nicht verleugnet werden.

Die CDU-Politikerin verwies außerdem darauf, dass fast alle bekannt gewordenen Opfer einen Migrationshintergrund hätten. Allerdings seien 32 Prozent der Betroffenen bereits in Deutschland zur Welt gekommen, und auch unter den im Ausland geborenen Opfern lebten vier Fünftel schon fünf oder mehr Jahre in Deutschland. 44 Prozent hätten die deutsche Staatsbürgerschaft. Das zeige, dass die Aufenthaltsdauer kein zuverlässiger Gradmesser für die Integration sei.

Auch die doppelte Staatsbürgerschaft könne die Identifikation der Migranten mit den deutschen Rechts- und Gesellschaftsnormen nur bedingt verbessern.