Der Untersuchungsauschuss des Bundestags zum folgenreichen Luftangriff im afghanischen Kundus hat die Arbeit im Streit beendet.

Berlin. Nach fast zwei Jahren hat der Bundestags-Untersuchungsausschuss zu dem verheerenden Luftangriff in der afghanischen Provinz Kundus seine Arbeit im Streit beendet. Als Ergebnis fordern Union und FDP die Errichtung einer Schwerpunktstaatsanwaltschaft für mutmaßliche Vergehen von Soldaten im Auslandseinsatz. Über solche Vorfälle unter Extrembedingungen könnten nicht jene Leute entscheiden, die in Deutschland auch Verkehrsdelikte verfolgten, sagte der Unions-Berichterstatter im Ausschuss, Michael Brand (CDU), am Donnerstag in Berlin. Die SPD schloss sich dem Vorstoß an. Die schwarz-gelbe Koalition sieht Ex-Verteidigungsminister Guttenberg als entlastet an .

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Doch weder in der Frage der Völkerrechtswidrigkeit des von einem Bundeswehroberst befohlenen Angriffs noch bei der Bewertung der Aufarbeitung durch Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg wurde sich das Bundestags-Gremium einig. Während die Grünen juristische Spezialisten nicht ablehnten, aber eine Auffächerung der Ermittler auf die Bundesländer verlangten, lehnte die Linke die Idee grundsätzlich ab.

Die Ausschussvorsitzende Susann Kastner (SPD) zeigte sich allerdings zufrieden mit dem Ergebnis. Dass es kontroverse Diskussionen gebe, sei für einen Untersuchungsausschuss normal. Der CDU-Politiker Michael Brand warf der Opposition vor, den Ausschuss als „politisches Kampfinstrument“ missbraucht zu haben. Der SPD-Obmann Rainer Arnold hielt dagegen, die Koalition habe „kein wirkliches Interesse an Aufklärung“ gezeigt.

Union und FDP halten den Einsatz für völkerrechtsgemäß und machen dem verantwortlichen Oberst Georg Klein keine Vorwürfe. Grüne und Linke meinen dagegen, das Bombardement sei unverhältnismäßig und damit völkerrechtswidrig gewesen. Die SPD kommt zu dem Schluss, eine Völkerrechtswidrigkeit sei zumindest nicht nachweisbar.

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„Der Einsatz war falsch“, sagte allerdings SPD-Wehrexperte Rainer Arnold am Donnerstag. Der Grünen-Obmann im Ausschuss, Omid Nouripour, fügte hinzu, es habe sich gezeigt, dass es „völkerrechtswidrige Handlungen“ gegeben hat. Die Linke-Abgeordnete Inge Höger sagte, der Angriff habe gegen das humanitäre Völkerrecht verstoßen und zeige, dass die Bundeswehr in Afghanistan nicht zur Hilfe, sondern zur Aufstandsbekämpfung eingesetzt sei.

Die Koalition entlastete Guttenberg in ihrer Bewertung von dem Vorwurf des Bauernopfers. Die Opposition wirft ihm Fehleinschätzungen vor und meint, er habe Schneiderhan und Wichert dafür zu Sündenböcken gemacht. Den 551 Seiten starken Abschlussbericht übergaben die Obleute am Donnerstag an Bundestagspräsident Norbert Lammert.

Der Ausschuss sollte die Hintergründe des Bombardements klären, bei dem auf Befehl eines deutschen Oberst hin am 4. September 2009 in Nordafghanistan zwei von den Taliban gekaperte Tanklaster in die Luft gesprengt wurden. Dabei kamen bis zu 142 Menschen ums Leben, darunter viele Zivilisten.

Die Kundus-Affäre kostete einen Minister, einen Staatssekretär und den Generalinspekteur den Job. Der damalige Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU), der nach der Bundestagswahl 2009 ins Arbeitsministerium wechselte, trat im Zuge der Affäre zurück. Jungs Nachfolger Guttenberg (CSU) entließ Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan und Staatssekretär Peter Wichert, weil er sich von ihnen unzureichend informiert fühlte.

Mit Material von dpa/dapd