Islamverbände sollen die Sicherheitsbehörden beim Anti-Terror-Kampf unterstützen. Özoguz: Viel mehr gesellschaftliche Gruppen einbinden.

Berlin. In der Terrorismusdebatte hat Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich erneut scharfe Kritik von Muslimen auf sich gezogen. Mit Vertretern von Islamverbänden und Sicherheitsbehörden ist der CSU-Politiker am Freitag in Berlin zum sogenannten Präventionsgipfel zusammengekommen, um über Strategien gegen die Radikalisierung muslimischer Jugendlicher zu beraten. Das Treffen soll Auftakt für eine Sicherheitspartnerschaft zwischen Moscheegemeinden und den Behörden sein, die den Anti-Terror-Kampf unterstützen soll.

"Dass Friedrich wieder nur die Muslime auffordert, im Kampf gegen den Extremismus zu kooperieren, ärgert und verwundert mich", sagte die Integrationsbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion, Aydan Özoguz, dem Hamburger Abendblatt. "Es ist eigenartig, dass er sich nur mit muslimischen Verbänden an einen Tisch setzt. Man müsste viel mehr gesellschaftliche Gruppen einbinden, um effektiv gegen Extremismus vorzugehen."

Schon im Vorfeld hatten muslimische Verbände, Oppositionsparteien und Politiker der FDP vor Vorverurteilung gewarnt und kritisiert, die geplante Sicherheitspartnerschaft schüre Denunziantentum. Özoguz sagte, der Innenminister dürfe sich nicht wundern, wenn sich die Muslime unter Generalverdacht gestellt fühlen. "Es bleibt der schale Beigeschmack, dass sich Friedrich auf ihre Kosten profilieren will und dass es ihm nicht um Inhalte geht." Der integrationspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Serkan Tören, kritisierte: "Friedrich suggeriert, dass in jeder Moschee potenziell Radikale angeworben werden." Viele Muslime fühlten sich durch den Innenminister in Sippenhaft genommen.

Konkrete Maßnahmen wurden bei dem dreistündigen Gipfel nicht beschlossen. "Der Radikalisierung und dem Missbrauch der Religion wollen wir gemeinsam entgegentreten", erklärte Friedrich. "Im Bereich der islamistischen Radikalisierung brauchen wir die Unterstützung der Muslimverbände." Der Minister kündigte an, es werde eine stärkere Vernetzung von Bund, Ländern, Sicherheitsbehörden und Islam-Vereinen über die bereits bestehenden Projekte hinaus geben. Zudem soll ein neuer Internetauftritt zum Thema islamistische Radikalisierung von Jugendlichen eingerichtet werden. Das Treffen in Berlin stelle einen wichtigen Auftakt für die Sicherheitspartnerschaft dar, resümierte Friedrich. Er wolle ein Signal setzen, dass alle Bürger in Deutschland, egal welcher politischen Richtung und welcher Religion, den Kampf gegen den Terror aufnehmen sollen.

"Ich vermisse die Ernsthaftigkeit bei unserem Innenminister und kann kein klares Konzept erkennen, mit dem er für mehr Sicherheit sorgen will", bemängelte die Hamburger Abgeordnete Özoguz jedoch. "Wenn es ihm tatsächlich um mehr Sicherheit geht, muss der Innenminister mehr tun als nur eine Internetseite anbieten. Es wäre viel wichtiger, etwa Anlaufstellen für besorgte Eltern zu schaffen, die dann auch klare Hilfestellung geben können." Kritisch äußerte sich auch der Zentralrat der Muslime. "Die Muslime sind nicht das Problem, sondern ein Teil der Lösung", sagte der Vorsitzende Aiman Mazyek, ebenfalls Teilnehmer des Präventionsgipfels. Zugleich mahnte er, die Kooperation nicht als Einbahnstraße zu sehen. Genauso müsse über zunehmenden Rassismus und Islamfeindlichkeit gesprochen werden. Es komme darauf an, den Islam wieder als Religion wahrzunehmen. Von den Moscheen gehe keine Gefahr aus.

Kurz nach seinem Amtsantritt als Innenminister Anfang März hatte Friedrich seinen Plan der Sicherheitspartnerschaft zwischen Staat und Muslimen angekündigt. Dass er diese Absicht ausgerechnet bei der Islamkonferenz kundtat, sorgte für einigen Ärger. Schließlich waren die Vorgänger Friedrichs darauf bedacht gewesen, die Islamkonferenz nicht zu sehr mit den Themen Sicherheit und Islamismus zu belasten. Auch die Aussage des CSU-Politikers, "dass der Islam zu Deutschland gehört, ist eine Tatsache, die sich auch aus der Historie nirgends belegen lässt", hatte zu Kritik geführt.

"Um Extremismus jeder Form vorzubeugen und Radikalisierung bei Jugendlichen zu erkennen, brauchen wir ein großes und enges gesellschaftliches Netz", forderte Özoguz. Sie betonte: "Wir brauchen mehr Solidarität und Zusammenhalt. In meinen Augen sorgt Friedrich jedoch nur für noch größere Gräben."