Gemischte Reaktionen auf den Präventionsgipfel. Innenminister Friedrich ruft zu Wachsamkeit gegen Radikalisierung von Muslimen auf.

Berlin/Hamburg. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) will gemeinsam mit muslimischen Verbänden gegen eine Radikalisierung junger Muslime in Deutschland vorgehen. Der Präventionsgipfel sei ein Signal, dass man den Kampf gegen Radikalisierung und Terror aufnehmen wolle, sagte der Minister. Zugleich rief er die Bevölkerung zu mehr Wachsamkeit „gegen jede Art von Radikalisierung“ auf. Friedrich kündigte an, die vorhandenen Initiativen und Präventionsprogramme besser zu vernetzen. Zusätzliche Initiativen oder Gelder soll es nach seinen Worten nicht geben. Die Opposition kritisierte das Treffen. Die muslimischen Verbände in Deutschland wollen im Kampf gegen den islamistischen Extremismus enger mit den staatlichen Stellen zusammenarbeiten. „Die Muslime sind nicht das Problem, sondern ein Teil der Lösung“, sagte der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime (ZMD), Aiman Mazyek.

Die Türkisch Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB) betonte, es gehe nicht um eine „neue Partnerschaft“. Vielmehr werde die gut funktionierende Zusammenarbeit ausgebaut, sagte der Hamburger DITIB-Vertreter Murat Kayman. Im Übrigen sollte anerkannt werden, dass radikale Strömungen „nicht aus der Mitte der Gemeinden“ kämen. Eine islamistische Radikalisierung erfolge von den Rändern her.

Die katholische Kirche unterstützt den Präventionsgipfel von Bundesinnenminister Friedrich. Zwar bestehe kein Grund zur Panik, doch sei es angesichts der Erfahrungen mit Islamisten in Deutschland in der Vergangenheit notwendig, wachsam zu sein, sagte der Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke dem Kölner „domradio“. „Deswegen halte ich es auch für sehr gut, wenn so ein Präventionsgipfel Partnerschaft einfordert“, so der Beauftragte der Deutschen Bischofskonferenz für den Dialog mit den Muslimen. Jaschke warnte zugleich davor, die Muslime in Deutschland unter Generalverdacht zu stellen. Die große Mehrheit der jungen Muslime seien „ganz normale junge Leute“.

Sie wüchsen hinein in die Gesellschaft, „und da muss man alles tun, dass man da jetzt nicht falsche Solidaritäten fördert“, so der Weihbischof mit Blick auf den ersten Präventionsgipfel. Partnerschaft muss es nach Jaschkes Ansicht vor allem mit den von der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (DITIB) geleiteten Moscheegemeinden geben. Diese von türkischer Seite bestimmten Gemeinden sorgten schon für eine ordentliche Ausbildung der Prediger und hätten „ein waches Auge darauf, dass keine Extreme entstehen können“. Darüber hinaus gebe es eine „ganz große Grundtendenz im Koran und in der muslimischen Welt, dass Gewalt und Terror nicht akzeptabel sind“, so Jaschke weiter. Allerdings könnten nicht alle Imame kontrolliert werden.

Bei dem dreistündigen Treffen in Berlin hatten sich Sicherheitsexperten und Vertreter muslimischer Verbände über die Gefahren ausgetauscht, die von islamistischer Propaganda im Internet sowie von extremistischen Netzwerken in Deutschland ausgehen und über Vorbeuge-Projekte gesprochen. Friedrich sprach von einem „interessanten Vormittag“. Er hatte den Präventionsgipfel nach dem ersten Treffen der Deutschen Islamkonferenz unter seiner Leitung im März angekündigt, um eine Sicherheitspartnerschaft zwischen staatlichen Behörden und muslimischen Organisationen zu begründen.

Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Heinz Fromm, verwies auf bereits eingerichtete Aussteigerprogramme für Islamisten. Der Chef des Bundeskriminalamts, Jörg Ziercke, nannte den Frankfurter Attentäter vom März als typisches Beispiel für eine Selbstradikalisierung, unter anderem durch Propaganda im Internet. Der gebürtige Kosovare, der zwei US-Soldaten erschossen hat, war in Deutschland aufgewachsen.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, warf Friedrich vor, im Umgang mit den Muslimen schon viel Porzellan zerschlagen zu haben. Wer gewaltbereite Extremisten isolieren wolle, müsse die gemäßigten Muslime in Deutschland stärken und willkommen heißen. Friedrich hingegen habe immer noch nicht erkannt, dass der Islam zu Deutschland gehöre.

Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke, erklärte, Friedrich reduziere das Verhältnis der Bundesrepublik zum Islam weiterhin auf Sicherheitsaspekte. Der Innen-Experte der FDP-Fraktion, Hartfrid Wolff, begrüßte hingegen, dass auch muslimische Verbände für die Sicherheit in Deutschland eintreten. So bestehe die Chance, das in der Öffentlichkeit gegen den Islam bestehende Misstrauen abzubauen. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe forderte alle muslimischen Verbände auf, sich an der Sicherheitspartnerschaft gegen Extremisten zu beteiligen. (epd/KNA/dapd)