Bildungsministerin Annette Schavan fordert mehr Studienplätze. Grüne fordern, Karrierechancen von Wissenschaftlern zu verbessern.

Berlin. Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) hat die Bundesländer ermahnt, rasch neue Studienplätze einzurichten. "Die Hochschulen wissen seit dem 15. Dezember, dass Bund und Länder sich die Kosten teilen und Studienplätze geschaffen werden können", sagte Schavan dem Hamburger Abendblatt. "Die Länder müssen ihren Anteil von 50 Prozent nun auch leisten und sich daran erinnern, dass Schulen und Hochschulen die Krönung von Landespolitik sind."

Durch das Aussetzen des Wehr- und Zivildienstes zum 1. Juli könnten von 2011 bis 2015 bis zu 59 000 zusätzliche Studienanfänger an die Hochschulen drängen. Nach der vergangene Woche gefundenen Einigung sollen die Kosten für die zusätzlichen Studienplätze über den bestehenden Hochschulpakt finanziert werden, Bund und Länder sollen jeweils 13 000 Euro pro Studienplatz beitragen. Die Zusatzkosten könnten sich auf insgesamt bis zu 1,5 Milliarden Euro belaufen.

Schavan hieß die Erweiterung des Hochschulpakts gut. "Wir hatten 275 000 zusätzliche Studienplätze geplant. Jetzt werden es mehr", sagte sie. "Wir brauchen viele hoch qualifizierte Fachkräfte. Wenn nun mehr junge Leute früher ein Studium beginnen, ist das eine große Chance und ein starkes Signal." Die Einrichtung der erforderlichen Plätze werde eine große Anstrengung sein mit Blick auf Räume und Dozenten. "Aber ich bin davon überzeugt, dass wir das schaffen können."

Vor dem Hintergrund steigender Studentenzahlen haben die Grünen unterdessen eine Initiative zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses angeregt. "Unser Hochschulsystem bietet dem wissenschaftlichen Nachwuchs überhaupt keine verlässlichen Perspektiven, geschweige denn berechenbare Karrierechancen", sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende und forschungspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Krista Sager, dem Abendblatt. Dieser Zustand müsse sich dringend ändern.

Die vorgeschlagene Initiative zielt in erster Linie auf die Schaffung zusätzlicher Professuren. Der Wissenschaftsrat hat nach Darstellung der Grünen bereits 2008 einen Mangel an 4000 Stellen für Professoren ausgemacht. Darüber hinaus müssten die Personalstrukturen an den Universitäten international wettbewerbsfähig werden. "Viele Nachwuchswissenschaftler werden nur nach Teilzeit bezahlt, arbeiten aber Vollzeit. Oder sie müssen nebenbei noch arbeiten gehen, um genug Geld zu verdienen", kritisierte Sager. "Befristete und prekäre Beschäftigungsverhältnisse breiten sich in diesem Sektor immer weiter aus." Die Konkurrenzfähigkeit der Universitäten sei massiv gefährdet. "Wir müssen sicherstellen, dass die besten Leute für die Ausbildung der Studenten gewonnen werden können", so die Grünen-Politikerin. Die Initiative schließt deshalb die Forderungen nach mehr unbefristeten Beschäftigungsverhältnissen und einer Stärkung der sogenannten Juniorprofessur ein.

Besonders wichtig seien diese Schritte wegen des zunehmenden Ansturms auf die Universitäten. Seit 1999 habe sich die Zahl der Studenten um 13 Prozent erhöht, heißt es in dem Antrag zu der Initiative, die im Januar im Bundestag beraten werden soll. Die Zahl der Hochschulprofessuren stagniere dagegen. Zudem wanderten immer mehr Hochqualifizierte in die private Wirtschaft oder ins Ausland ab. Nach Angaben der Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit, OECD, arbeiten 880 000 hoch qualifizierte Deutsche im Ausland. Auch die Bundesregierung hat bereits festgestellt, dass bis 2013 rund 330 000 Akademiker fehlen werden. "Für den Wissenschaftsstandort und die Bildungsrepublik Deutschland ist das fatal", so Sager. "Wir bilden hervorragenden wissenschaftlichen Nachwuchs aus, bieten ihm dann aber keine attraktiven Beschäftigungsmöglichkeiten."