Bombenalarm vor Air-Berlin-Flug von Windhuk nach München. In Namibia versetzt ein verdächtiges Frachtstück für einen Flieger nach Deutschland die Sicherheitsbehörden in Aufregung

Hamburg. Nur einen Tag, nachdem Bundesinnenminister Thomas de Maizière in deutlichen Worten vor einer konkreten Terrorgefahr in Deutschland gewarnt hatte, haben Meldungen über eine mutmaßliche Bombe in einem Ferienflieger von Namibia nach Deutschland für Aufregung und Besorgnis gesorgt. Doch was da wirklich in einer Abfertigungshalle in Windhuk gefunden wurde, darüber herrscht zurzeit noch Unklarheit. Enthielt der Koffer explosives Material? Handelte es sich lediglich um eine Attrappe, um einen schlechten Scherz vielleicht - oder um einen Test?

Die deutschen Ermittler zumindest scheinen den Vorfall durchaus ernst zu nehmen - oder angesichts der aktuellen Attentatssorgen bloß extrem nervös zu sein. Gestern Vormittag hatte das Bundeskriminalamt (BKA) in einer Pressemitteilung die Öffentlichkeit über ein "sicherheitsrelevantes Ereignis im internationalen Luftverkehr" informiert. Bei der Verladung des Gepäcks in ein Charterflugzeug, einen Airbus der Fluggesellschaft LTU/Air Berlin von Windhuk nach München, habe die namibische Polizei am Mittwoch ein verdächtiges Gepäckstück isoliert. Beim anschließenden Durchleuchten seien Batterien, die über Kabel mit einem Zünder und einer laufenden Uhr verbunden waren, sichtbar geworden.

Doch ob die namibischen Beamten auf einen funktionsfähigen Sprengsatz gestoßen waren, darüber wollte das BKA keine Auskunft geben. Die Ermittler entsandten umgehend ihren Verbindungsbeamten aus Südafrika ins Nachbarland Namibia, "zur Unterstützung der dortigen Behörden". Weitere Fachleute sollen folgen. Klar scheint zu sein: Die verdächtige Fracht befand sich noch nicht im Laderaum des Ferienfliegers. Der Fund wurde nach Angaben der Fluggesellschaft Air Berlin in einer Halle gemacht, in der das Gepäck der 296 Passagiere verladen wurde.

Über die genauen Umstände des Fundes gab es zunächst widersprüchliche Aussagen. Er sei nicht ausdrücklich für Deutschland bestimmt gewesen, hieß es bei der Fluggesellschaft Air Berlin. Das undeklarierte Gepäckstück habe keinen Ziel-Aufkleber gehabt, sagte eine Unternehmenssprecherin kurz nach der Mitteilung des BKA. Auch scheint in der Gepäckhalle Fracht in andere Flieger verladen worden zu sein.

Wohin das verdächtige Gepäckteil aber dann unterwegs gewesen sein könnte, ließ die Sprecherin allerdings offen. Die Passagiere des Fluges befanden sich jedoch eindeutig auf dem Weg nach München. Nach dem Sicherheitsalarm wurden sie sowie das gesamte Gepäck und das Luftfahrzeug selbst nochmals kontrolliert, konnten aber noch gestern in Richtung Deutschland starten. Sie kamen laut Kriminalpolizei in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag "wohlbehalten" in München an. Nach Angaben von "Spiegel Online" war ihre Maschine noch auf Djerba zwischengelandet, weil die Crew wegen der Verspätung nach Vorgaben der Luftverkehrsvorschriften ausgetauscht werden musste. Die Passagiere seien in München dann von der Bundespolizei befragt worden.

Wegen des Vorfalls würden die Sicherheitsvorkehrungen am Münchner Flughafen nicht weiter verschärft, sagte ein Flughafensprecher. Es gälten die nach den Terrorwarnungen vom Mittwoch ohnehin verschärften Sicherheitsvorkehrungen. Die Passagiere bekämen daher mehr "Beamte mit Maschinenpistolen und schusssicheren Westen" zu Gesicht.

"Spiegel Online" brachte noch eine weitere Deutung ins Spiel: Es gebe "Hinweise, dass es sich auch um ein Testgerät gehandelt haben könnte, um Sicherheitsmaßnahmen zu checken". Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters war auf dem verdächtigen Gepäckstück ein Zettel mit dem Wort "Test" angebracht. Eine Sprecherin des Flughafens Windhuk erklärte jedoch, es habe sich nicht um eine Übung gehandelt. Nach ZDF-Informationen soll das Gepäckstück von der Größe eines Laptops keinen Sprengstoff enthalten haben. Es habe sich offensichtlich um eine Art Testlauf gehandelt, um die Aufmerksamkeit der Kontrolleure zu prüfen, berichtete der Fernsehsender am späten Abend unter Berufung auf US-Sicherheitsbeamte.

Bereits am Mittag war Bundesinnenminister Thomas de Maizière am Rande der in Hamburg stattfindenden Innenministerkonferenz vor die Presse getreten. Nach seinen Warnungen am Vortag und nach den Bombenfunden in Gepäckstücken aus dem Jemen in Richtung USA in den vergangenen Wochen schien der Minister froh, der Öffentlichkeit ein Beispiel für die funktionierende internationale Terrorabwehr präsentieren zu können. "Die Kontrollen haben auf jeden Fall funktioniert", lobte de Maizière die Sicherheitsbehörden. Und anders als von Air Berlin angedeutet, hält de Maizière durchaus Deutschland für das Ziel des verdächtigen Objekts. Es spreche viel dafür, "dass das Gepäckstück in einer Maschine transportiert werden sollte, die nach München fliegen sollte". Doch auf was die Kontrolleure gestoßen waren, das konnte oder wollte der Innenminister zu diesem Zeitpunkt nicht sagen: "Ich kann weder bestätigen, dass es einen Zündmechanismus gab, noch, dass er funktionsfähig war", betonte er.