Die Aufrufe zur Wachsamkeit haben laut Sicherheitsexperten eher bescheidene Wirkung

Hamburg. Die deutschen Innenminister fordern angesichts der gestiegenen Terrorwarnungen die Öffentlichkeit zur Wachsamkeit auf. Terrorismus-Fachmann Rolf Tophoven erklärt, was solche Vorschläge bringen.

Hamburger Abendblatt:

Herr Tophoven, ist es wirklich sinnvoll, wenn Bürger bei der Terrorabwehr mitmachen?

Rolf Tophoven:

Ich halte das Ausschauhalten nach verdächtigen Paketen oder nach merkwürdigem Verhalten durchaus für sinnvolle Prävention. Vor allem werden die Bürger sensibilisiert.

Aber eben diese Bürger werden an öffentlichen Orten doch schon seit Jahren vor herrenlosen Gepäckstücken gewarnt.

Tophoven:

Ja, aber die Behörden haben bislang immer nur von einer abstrakten Gefahr gesprochen. Darunter können sich die meisten nichts vorstellen. Das ist jetzt anders, die Warnungen sind sehr konkret.

Worauf soll man denn achten, außer auf liegen gelassene Koffer?

Tophoven:

Verdächtig können zum Beispiel Fahrzeuge sein, die dort stehen, wo sie eigentlich nicht hingehören. Oder unbekannte Besucher, die regelmäßig nachts bei den Nachbarn auftauchen. Das gilt auch für Studentenwohnheime, wo eine hohe Fluktuation herrscht. Allerdings ist die große Sorge der Sicherheitsbehörden, dass sie eine Schläferzelle übersehen haben, deren Mitglieder so perfekt integriert sind, dass sie niemandem auffallen.

Kann zivile Aufmerksamkeit Attentäter von ihrem Vorhaben abhalten?

Tophoven:

Professionelle Terroristen lassen sich sicher nicht abschrecken. Aber möglicherweise werden sie angesichts der Vorsichtsmaßnahmen verunsichert und weichen von ihrer Planung ab. Im besten Falle begehen sie dabei Fehler und können aufgespürt werden.

Wäre es dann nicht sicherer, man überließe den Experten die Sicherheitsmaßnahmen und bliebe zu Hause?

Tophoven:

Ich rate bei aller Vorsicht dazu, gelassen zu bleiben. Wenn wir nicht mehr Bahn führen oder keine Events mehr besuchten, wäre auch das ein Triumph für die Terroristen.