Bremens Bürgermeister Böhrnsen würdigte in der Eröffnungsrede die Freiheitskämpfer der DDR. Nachmittags werden Ausschreitungen befürchtet.

Bremen. Deutschland feiert 20 Jahre Wiedervereinigung . Dieses Jahr richtet das kleinste Bundesland Bremen die Feier aus. Am Freitagabend begann sie mit einem Konzert auf dem Marktplatz . Sonnabend ging es dann richtig los. Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) würdigte in seiner Rede die Freiheitskämpfer der DDR. „Wir erinnern uns heute daran, dass es mutige Bürger waren, die sich die Freiheit erkämpft haben. Deshalb feiern wir das heute mit einem Bürgerfest“, sagte Böhrnsen bei der Eröffnung der zentralen Feier. Parallel erinnerten im Berliner Abgeordnetenhaus Parlament und Senat an die Wiedervereinigung der Stadt.

An der Weser werden an diesem Wochenende Hundertausende Menschen erwartet. Am Vormittag war das Stadtbild zunächst jedoch weniger von Besucherströmen als vielmehr von einem großen Polizeiaufgebot geprägt. Einheitsgegner hatten für den Nachmittag zu einer Demonstration durch die Innenstadt aufgerufen. In der Hansestadt gibt es an diesem Wochenende eine Vielzahl von Konzerten, bunten Paraden und eine Meile, auf der sich alle Bundesländer, der Bundestag und der Bundesrat präsentieren. Zum Festakt am Sonntag in der Bremen Arena werden Bundespräsident Christian Wulff und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erwartet. Wulff will hier seine erste programmatische Rede halten. Bremen ist Gastgeber der Jubiläumsfeiern, weil es zurzeit den Vorsitz im Bundesrat hat. An der Feierstunde im Berliner Abgeordnetenhaus nahmen Botschafter und Gesandte der USA, Frankreichs, Großbritanniens und Russlands teil. Festredner ist einer der führenden Persönlichkeiten des Widerstands gegen die DDR-Diktatur, Joachim Gauck. Der frühere Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten will selbst eine Rede halten.

Wulff hob die tiefgreifenden Umwälzung durch die Überwindung der deutschen Teilung hervor. „Die Veränderungen, die unser Land in dieser Zeit erfahren hat, sind gewaltig, besonders in Ostdeutschland. Aber nicht nur dort, sondern in allen Teilen Deutschlands hat sich unser Leben enorm gewandelt.“

Der frühere Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP) hält indes den 3. Oktober nicht für den besten Termin als Tag der Deutschen Einheit. Er würde den 9. Oktober vorziehen. „Die große Freiheitsdemonstration, bei der sich alles entschied, war in Leipzig, das war am 9. Oktober“, sagte Genscher in der Radio-Bremen- Talkshow „3nach9“ am Freitagabend. Diese Demonstration sei „ein Lichtblick in der deutschen Geschichte“ gewesen.

„20 Jahre nach der Vereinigung ist die deutsche Einheit weder vollendet noch gelungen“, erklärten dagegen die Vorsitzenden der Linken, Klaus Ernst und Gesine Lötzsch, am Sonnabend. „Viele Menschen haben die Ereignisse vor 20 Jahren zu Recht als Anschluss und nicht als Wiedervereinigung empfunden.“ Zwar sei auch vieles besser geworden, aber viele Bürger beklagten einen Mangel an wirtschaftlicher und sozialer Einheit im Land. „Viele sind zu Recht empört über die Entwertung ihrer Biografien durch die pauschale Belegung der ostdeutschen Vergangenheit mit dem politischen Kampfbegriff „Unrechtsstaat“.“